Einen satten Anstieg von mehr als 11 Prozent konnten die Valoren von Richemont nach der Verkündung überzeugender Umsatzzahlen für das letzte Quartal 2023 am Donnerstag verbuchen. Die Trendwende zur nachhaltigen Besserung in der Branche dürfte aber weiter auf sich warten lassen. Der kurzfristige Ausblick in China ist eingetrübt, die US-Konjunkturdaten werden schwächer und Europa steht am Rande einer Rezession. 

Auch wenn Richemont ein Lichtblick ist, liessen Unternehmen wie Burberry und Hugo Boss jüngst mit Gewinnwarnungen aufhorchen. Und auch bei Richemont glänzt nicht alles, musste doch der Cartier-Eigentümer diese Woche eine Ratingherabstufung durch Investec hinnehmen, nachdem der Branchenführer LVMH in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres gleich sechs Mal durch den Londoner Vermögensverwalter herabgestuft worden war.

Negative Analysteneinschätzungen häuften sich auch bei Richemont in den letzten sechs Monaten und die Valoren notieren 27,5 Prozent unter dem am 03. Oktober 2023 erreichten Allzeithoch von 161,10 Franken.

Die Bewertungen im Luxusgüter-Segment sind immer noch hoch, obwohl diese seit dem Höchststand im letzten Jahr um mehr als 20 Prozent gefallen sind. Anlegerinnen und Anleger beeilten sich jüngst nach den Warnungen von Burberry und Hugo Boss, das Exposure bei europäische Luxusgüteraktien zu reduzieren. Dies deutet darauf hin, dass das prognostizierte Kurs-Gewinn-Verhältnis der Konzerne nicht das volle Ausmass der Probleme der Branche eingepreist haben.

"Die Stimmung bleibt unsicher, woher künftige Herabstufungen kommen werden“, sagte Swetha Ramachandran, Fondsmanagerin bei Artemis InvestmentManagement der Nachrichtenagentur Bloomberg. Die meisten Broker haben ihre Gewinnerwartungen für den Sektor seit September um über 5 Prozent gesenkt, da die Zukunft weiterhin unklar ist und von einer immer noch fragilen Erholung der Weltwirtschaft abhängt.

Fällt der Jahresauftakt ungünstig aus?

Gerade angelsächsische Anleger gehen davon aus, dass der Jahresauftakt im Vergleich zum anfänglichen Optimismus im Jahr 2023 besonders ungünstig ausfallen könnte. Damals führte die Wiedereröffnung Chinas zu einer enormen Nachfrage nach Luxusuhren und teuren Mänteln. Dies trieb die Bewertung von LVMH kurzzeitig nahe an die Marke von 500 Milliarden Euro.

"Wir sehen vor Mai 2024 nur wenige Katalysatoren für den Luxussektor“, schreiben die HSBC-Analysten unter der Leitung von Aurelie Husson-Dumoutier in einer Notiz. Darüber hinaus werden die Preiserhöhungen immer mehr zu einem Problem für die Käufer von Luxusgütern. Kein Wunder, musste der Uhrenverkäufer Watches of Switzerland am Donnerstag eine Gewinnwarnung wegen eines verkorksten Weihnachtsgeschäft aussprechen. Dies liess den Aktienkurs um mehr als 30 Prozent einbrechen.

Dennoch gibt es in einem Sektor, der sich in einer schwierigen Phase befindet, immer noch Raum für Gewinner. Vor allem Hermes zeigte weniger Schwäche als seine Mitbewerber, da die Nachfrage nach den begehrten Handtaschen, die zu Preisen über 8'000 Franken über den Ladentisch gehen, weiterhin hoch ist.

Richemont ist so gut aufgestellt wie noch nie

"Es wird grosse Unterschiede zwischen den Aktien geben“, sagte Bruno Vacossin, leitender Portfoliomanager bei Palatine Asset Management gegenüber Bloomberg. "Ich erwarte einen grossen Leistungsunterschied zwischen Top-Playern wie Hermes und LVMH und den Nachzüglern der Branche.“

Viele Anlegerinnen und Anleger setzen langfristig auf einen Sektor, der für seine Fähigkeit bekannt ist, aufgrund seiner Preissetzungsmacht, die typischerweise die Inflation übersteigt und die Gewinnmargen schützt, ein überragendes Wachstum zu generieren. Ein Blick auf die Kaufempfehlungen zeigt, dass LVMH und Richemont weiterhin ganz oben auf der Rangliste mit den meisten Kaufempfehlungen stehen.

Richemont ist so gut aufgestellt wie noch nie, meint Patrick Schwendimann, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. Ein Umsatzanteil Schmuck von 51 Prozent und Uhren von 35 Prozent zeigten einen stark verbesserten Direktvertrieb im Uhrengeschäft und eine breitere geografische Diversifikation. Der faire Wert gemäss diskontiertem Cashflow-Modell liegt bei 166 Franken je Aktie.

Unter Berücksichtigung der Dividendenrendite von 3,30 Prozent besteht ein üppiges Aufwärtspotenzial bei Richemont. Es macht allen Anschein, dass Richemont wesentlich besser als die Konkurrenz aufgestellt ist. Dies bestätigt auch ein Blick auf die Titel des Schweizer Konkurrenten Swatch. Im Vergleich zum Kurssprung bei Richemont legte Swatch am Donnerstag nur um bescheidene 1,6 Prozent zu. 

Thomas Daniel Marti
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