Irren ist menschlich, so sagt man. Passiert das einer Bank bei ihren Finanzmarktprognosen, kann das die Kundschaft jedoch schnell sehr viel Geld kosten. Dass selbst die mächtigste und am besten vernetzte Investmentbank der Welt mal danebenliegt, beweist Goldman Sachs. Und das gleich zweimal.

Fall 1: Noch im Dezember warnte Goldman Sachs vor einem weiteren Rückschlag beim Ölpreis auf 20 Dollar. "Bei einem milden Winter, einem langsameren Wachstum in den Schwellenländern und der potenziellen Aufhebung der Iran-Sanktionen könnten die Lagerbestände weiter steigen", so schrieben die Rohstoffstrategen damals.

Doch es sollte alles anders kommen: Kostete ein Fass der Ölsorte WTI Mitte Dezember nur 36 Dollar, so liegt sein Preis heute wieder bei gut 48 Dollar. Tendenz steigend.

Kapitulation bei den Ölpreisprognosen

Mit dieser Fehleinschätzung befindet sich Goldman Sachs in bester Gesellschaft, hatten sich doch viele andere Banken ebenfalls auf einen anhaltend tiefen Ölpreis eingestellt. Dennoch lehnte sich im vergangenen Jahr niemand so weit aus dem Fenster wie die Amerikaner mit ihren doch sehr pessimistischen Prognosen.

Mittlerweile geben sich die Experten der wohl mächtigsten Bank der Welt geläutert. In ihrem neusten Strategiepapier, veröffentlicht am Monatg, krebsten sie zurück. Neu sehen sie den Preis für ein Fass der Ölsorte WTI bis Ende Juni bei 45 Dollar liegen. Im Laufe der zweiten Jahreshälfte erwarten die Autoren dann sogar einen Anstieg auf 50 Dollar je Fass. Produktionsunterbrüche in Nigeria sowie eine stärkere Ölnachfrage in vielen Teilen der Erde hätten deutlich früher als erwartet zu einer Preisbelebung geführt, so argumentiert man bei Goldman Sachs nun reumütig.

Auch beim Gold daneben

Fall 2: Der Goldpreis. Auch hier lagen die Amerikaner so richtig daneben. In Erwartung mehrerer aufeinanderfolgender Leitzinserhöhungen durch die US-Notenbank rieten die Rohstoffexperten von Goldman Sachs ihren Anlagekunden noch im Dezember sogar zu einer Wette gegen das Edelmetall. Auf dieser wurden sie vor Wochenfrist nun aber mit einem Verlust ausgestoppt.

Nachdem der Preis für eine Unze Gold alleine seit Anfang Jahr um mehr als 20 Prozent auf zuletzt 1275 Dollar gestiegen ist, kommt bei Goldman Sachs Bewegung in die optisch tiefen Prognosen. Die Investmentbank sieht das Edelmetall auf einen Anlagehorizont von drei Monaten nun bei 1200 (1100) Dollar und bis in sechs Monaten bei 1180 (1050) Dollar stehen. Der Grund: Am amerikanischen Anleihenmarkt wird bis Ende Jahr bestenfalls noch mit einer Leitzinserhöhung durch die US-Notenbank gerechnet.