Die beispiellosen US-Luftangriffe auf den Iran haben Händler und Regierungen weltweit in Alarmbereitschaft versetzt. Die Islamische Republik droht mit Vergeltungsmassnahmen, und Israel zeigt keine Anzeichen, seine Angriffe einzustellen.

Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, erstmals bunkerbrechende Bomben gegen iranische Nuklearanlagen einzusetzen, markiert die erste direkte militärische Auseinandersetzung zwischen Washington und Teheran nach Jahrzehnten der Feindseligkeiten.

Der Konflikt hat den Nahen Osten in unbekanntes Terrain geführt und das geopolitische Risiko in einer Weltwirtschaft erhöht, die bereits durch den Handelskrieg mit Unsicherheit belastet ist.

Der iranische Aussenminister Abbas Araghtschi ist in Moskau zu Gesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin eingetroffen. Russische Vertreter hatten deutlich gemacht, dass das im Januar unterzeichnete Kooperationsabkommen zwischen beiden Ländern keine gegenseitigen Verteidigungsverpflichtungen enthält.

Die globalen Märkte reagierten unmittelbar auf die Eskalation: Der Ölpreis stieg bei Markteröffnung am Montagmorgen in Asien um fast 6 Prozent, wobei Analysten warnten, dass der Preis je nach Reaktion Irans auf den Konflikt auf bis zu 100 Dollar pro Barrel klettern könnte. Manche nannten sogar 120 Dollar. Der US-Dollar legte ebenfalls zu, und Bitcoin rutschte zum ersten Mal seit Mai vorübergehend unter 100'000 Dollar.

Die Futures der US-Aktienmärkte zogen am Montagmittag leicht an. Jene des Dow Jones waren 0,05 Prozent im Plus, jene des S&P 500 und des Nasdaq legten 0,2 Prozent zu. Unterdessen war auch die Schweizer Börsen gemessen am Swiss Market Index 0,15 Prozent in der Gewinnzone.

Erstmaliger Einsatz von Bunkerbrechern

Die umfangreiche US-Operation, die sich gegen Nuklearanlagen in Fordo, Natans und Isfahan richtete, umfasste 125 Flugzeuge, Angriffe mit Tomahawk-Marschflugkörpern, die von einem U-Boot abgefeuert wurden, und den Einsatz von 14 Massive-Ordnance-Penetrator-Bomben - ein erstmaliger Einsatz dieser Bunkerbrecher im Kampf.

Amir Saeid Iravani, iranischer Botschafter bei den Vereinten Nationen, erklärte am Sonntag vor dem UN- Sicherheitsrat, dass «der Zeitpunkt, die Art und das Ausmass» der iranischen Reaktion «von den Streitkräften des Landes entschieden werden».

Aussenminister Abbas Araghtschi kündigte an, dass der Iran sich alle Optionen für eine Antwort offenhalte. Die Islamische Revolutionsgarde deutete an, dass US- Militärstützpunkte in der Region möglicherweise ins Visier genommen werden könnten.

Trump hat angekündigt, jede Vergeltungsmassnahme mit einer «weitaus grösseren» Gewalt zu beantworten als die US-Angriffe auf die Atomanlagen und auch die Möglichkeit eines Regimewechsels in Teheran angedeutet. Allerdings betonten US-amerikanische und israelische Regierungsvertreter am Sonntag, dass dies nicht ihr Ziel sei.

Die Polizei in New York, Washington und Los Angeles verstärkte ihre Patrouillen vor religiösen Einrichtungen, diplomatischen Vertretungen und im öffentlichen Raum. Die Behörden gaben keine konkreten Hinweise auf glaubwürdige Bedrohungen, betonten jedoch die Notwendigkeit zur Wachsamkeit. Das Heimatschutzministerium erklärte, der Krieg zwischen Israel und dem Iran habe die USA bis zum 22. September einer «erhöhten Bedrohungslage» ausgesetzt.

Es ist noch unklar, wie erfolgreich die US-Angriffe bei der Zerstörung der am besten geschützten iranischen Anreicherungsanlage in Fordo waren.

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, die offiziell mit der Überwachung des iranischen Atomprogramms beauftragt ist, erklärte am Sonntag vor dem UN-Sicherheitsrat, dass noch niemand den Zustand der Anlage kenne und auch nicht wisse, wo sich die mehr als 400 Kilogramm auf 60 Prozent angereichertes Uran des Iran befänden.

Jeder Schritt Teherans, den Verkehr durch die Strasse von Hormus, eine wichtige Verkehrsader für den weltweiten Rohöl- und Erdgasverkehr, zu behindern, liesse in einer für die Weltwirtschaft schwierigen Zeit einen Anstieg der Energiepreise befürchten.

Wachstumsausblick gesenkt

Die Weltbank, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der Internationale Währungsfonds haben in den letzten Monaten allesamt ihre Wachstumsprognosen nach unten korrigiert. «Ein sich ausweitender Konflikt erhöht das Risiko höherer Ölpreise und eines Aufwärtsimpulses für die Inflation», schrieben Analysten von Bloomberg Economics in einem Bericht.

In der Region nahm die Gefahr für Schiffe zu, insbesondere für solche mit Verbindungen zu den USA. Zwei Supertanker änderten ihren Kurs in der Strasse von Hormus. Griechenland, das über den grössten Öltankerbestand der Welt verfügt, riet seinen Reedern, die Einfahrt in den Persischen Golf zu überdenken. Fluggesellschaften wie British Airways und Singapore Airlines strichen Flüge in die Region.

Russland und China verurteilten die US-Angriffe, während selbst enge Partner wie Grossbritannien und Frankreich sich von der Entscheidung Trumps distanzierten. Teheran, das auf die Unterstützung seiner Verbündeten angewiesen ist, fand jedoch wenig Unterstützung: Russland und China boten lediglich rhetorische Solidarität, während militante Gruppen, die der Iran seit Jahren unterstützt, sich weigern oder nicht in der Lage sind, in den Kampf einzutreten.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte an, dass Israels Militäraktionen sowohl im Iran als auch im Gazastreifen fortgesetzt würden. Die israelischen Streitkräfte gaben bekannt, dass sie einen Boden-Luft-Raketenwerfer in Teheran getroffen und Infrastrukturziele im Westen des Iran, darunter Raketenlager, Satelliten- und Radaranlagen, angegriffen hätten.

(Bloomberg)