Beim «Widow-Maker»-Trade (wörtlich übersetzt: Witwenmacher) wetten Investoren auf fallende Kurse japanischer Staatsanleihen, indem sie diese leerverkaufen und später günstiger zurückkaufen. Jahrzehntelang brachte diese Strategie Anlegern nur Verluste ein, weil die Bank of Japan mit ultralockerer Geldpolitik die Renditen niedrig hielt. 2025 jedoch zählt sie zu den lukrativsten Wetten am globalen Anleihemarkt.

Japanische Staatsanleihen verzeichneten seit Jahresbeginn ein Minus von über 4 Prozent (ohne Währungseffekte) – das schlechteste Ergebnis weltweit, wie Bloomberg berechnet. Der Markt schwankt zwischen Hoffnungen auf Zinserhöhungen und Befürchtungen über neue Konjunkturprogramme der Regierung, die die langfristigen Renditen hochtreiben könnten.

«Vergesst US-Treasuries oder Gilts – die klarste Wette ist, japanische Staatsanleihen zu verkaufen», sagt Mark Nash von Jupiter Asset Management. «Der Widow-Maker-Trade war dieses Jahr eine der profitabelsten Strategien überhaupt.»

Japans 30-jährige Rendite kletterte zuletzt auf ein Allzeithoch, und laut Goldman Sachs ist Japan inzwischen ein «Exporteur bärischer Schocks» für die weltweiten Anleihemärkte. Der Hintergrund: Die Kerninflation liegt seit fast drei Jahren über dem 2-Prozent-Ziel der Notenbank, während die Zinsen im internationalen Vergleich weiter extrem niedrig sind. Zudem sorgen wachsende Haushaltsdefizite für Druck – ein Thema, das auch US- und UK-Bonds belastet.

Grossinvestoren wie Western Asset Management und RBC BlueBay halten deshalb seit Monaten Short-Positionen auf japanische Anleihen. «Wir bleiben klar short in Japan», sagte Hiroyuki Kimura von Western Asset. Auch RBCs Anleihechef Mark Dowding setzt auf weiter steigende Renditen, besonders am langen Ende.

Risiken gibt es jedoch: Japanische Lebensversicherer könnten zum Jahresende wieder als Käufer auftreten, die Regierung könnte die Emission neuer Anleihen reduzieren, und mögliche Zinssenkungen in den USA würden tendenziell auch japanische Renditen drücken. Dennoch setzen viele Fonds darauf, dass der «Widow-Maker» diesmal zum «Rainmaker» (auf Deutsch: Erfolgsgarant) wird.

Politische Unsicherheit verschärft Marktrisiko

Die Wahl der neuen Premierministerin Sanae Takaichi sorgt für zusätzliche Volatilität. Ihre Pläne für Steuersenkungen und Bargeldausschüttungen schüren Sorgen über eine noch expansivere Fiskalpolitik – was wiederum Druck auf langlaufende Anleihen ausübt. Nach dem kurzzeitigen Kollaps der Regierungskoalition steht Japan vor seiner grössten politischen Krise seit Jahrzehnten, und neue Haushaltspläne könnten die Schulden weiter in die Höhe treiben.

«Das spricht für Vorsicht bei langen Laufzeiten», warnt Lauren van Biljon von Allspring Global Investments. Andere, wie Kathy Jones von Charles Schwab, sehen dagegen Chancen: Auf währungsabgesicherter Basis seien japanische Anleihen attraktiv, und die fiskalische Lage habe sich vor den Wahlen verbessert.

Doch die Skeptiker verweisen auf Japans Rekordverschuldung – keine entwickelte Volkswirtschaft weist ein höheres Verhältnis von Schulden zu Wirtschaftsleistung auf. Zudem ist der Yen seit Monaten die schwächste G10-Währung, trotz der Aussicht auf weitere Zinserhöhungen.

«Nach dem Wahlsieg Takaichis dürfte sich der Abwärtstrend bei japanischen Anleihen fortsetzen», prognostiziert Matthew Ryan von Ebury. Die «Witwenmacher»-Wette, einst ein Symbol vergeblicher Hoffnung, dürfte 2025 endgültig zum Gewinnbringer werden.

(Bloomberg)