Im Rahmen der Konsolidierungswelle der Logistikbranche sucht das Schweizer Unternehmen nach grösseren Deals, die neue Märkte erschliessen oder technologische Sprünge ermöglichen würden, um die Branche zu verändern, sagte CEO Detlef Trefzger im Interview mit Bloomberg.

“Wir suchen die transformativen Elemente”, sagte Trefzger in Frankfurt. “Ich kann mir eine Grossakquisition vorstellen, bei der es vornehmlich um den Erwerb weiterer Technologiekompetenz geht, aber auch eine Akquisition mit einer starken Asienausrichtung. Die digitale Transformation ist eine riesige Chance für unser Unternehmen.” Die solide Bilanz des Unternehmens würde ausreichend Feuerkraft für einen solchen Zukauf bereitstellen, sagte der CEO.

Der Branche steht möglicherweise eine umfangreiche Konsolidierung bevor: die französische Reederei CMA CGM bietet gerade 1,7 Milliarden Dollar für Ceva Logistics, die ihrerseits ein Gebot des dänischen Rivalen DSV A/S abgelehnt hatte. Aktien von Panalpina Welttransport, ebenfalls aus der Schweiz, stiegen deutlich, nachdem der Chef des Verwaltungsrats, der einem Verkauf des Unternehmens skeptisch gegenüberstand, am Montag seinen Rücktritt bekanntgab.

Fragmentiert

Wie die meisten Akteure der stark fragmentierten Speditionsbranche hat sich Kühne + Nagel bisher auf kleinere Zukäufe beschränkt, wie jüngst den Erwerb von Quick International Courier mit Sitz in New York, einem Spezialisten für zeitkritische Sendungen für die Gesundheits- und Luftfahrtbranchen.

Auf die Frage nach seinem Interesse an Panalpina sagte Trefzger, dass Kühne alle Möglichkeiten prüfe, ohne konkrete Ziele zu nennen. Kühne hat 75'000 Mitarbeiter und einen Marktwert von 16 Milliarden Franken (16 Milliarden Dollar).

Neben Zugang zu Nischenmärkten sei er ebenso daran interessiert, Automatisierung und Digitalisierung voranzutreiben. Die Sorge, dass neue Unternehmen mit disruptiver Technologie die Branche auf den Kopf stellen könnten, ist insofern berechtigt, da Spediteure nur wenige Vermögenswerte besitzen und stattdessen lediglich Stellplätze auf Containerschiffen, in Frachtflugzeugen und auf LKW buchen sowie ihre Lagerhallen überwiegend anmieten.

Die Kontraktlogistik von Kühne + Nagel, die solche Lagerhäuser betreibt, rüstet ihre Mitarbeiter derweil mit intelligenten Brillen, Sprachsteuerung und Drohnen aus, um Prozesse wie die Lagerinventur in Utrecht in den Niederlanden zu beschleunigen. Solche Fortschritte wird es weiterhin geben, sagte Trefzger. Daher werde es auf absehbare Zeit auch keine Reduzierung der hohen Ausgaben für Informationstechnologie - jährlich etwa 250 Millionen Franken - geben. Die Dividendenpolitik bliebe davon jedoch unberührt, sagte Trefzger.

“Die Frage, wer hat die Silberkugel und programmiert das Programm, so dass alles nur noch über ein System läuft und es gar keinen Spediteur mehr braucht, interessiert uns sehr,” sagte Trefzger. “Wir arbeiten sehr intensiv daran, diese Silberkugel selber zu entwickeln. Wir waren immer Innovationsführer.” Trotz aller Automatisierung wird es stets Mitarbeiter brauchen, die im Störungsfall Probleme vor Ort lösen können, sagte Trefzger.

Rasches Wachstum als Ziel

Das Unternehmen ist mehrheitlich im Besitz des deutschen Milliardärs Klaus-Michael Kühne und hat sich vorgenommen, doppelt so schnell wie die Branche zu wachsen. Trotzdem schaue man auch auf das margenstarke Lösungsgeschäft wie etwa den Transport von Batterien für Elektroautos, welche als Gefahrgüter klassifiziert sind und deren Beförderung besonders geschultes und lizenziertes Personal benötigt.

Trefzger sagte, er sei optimistisch für die allgemeine Nachfragesituation dieses und nächstes Jahr, trotz potenzieller Gegenwinde wie Handelskriege und neue Zölle.

"Die Welt ist weiterhin im Wachstumsmodus", sagte er. „Die Beschäftigung in vielen Ländern ist auf einem sehr hohen Niveau, die verfügbaren Einkommen steigen und das Verbrauchervertrauen ist weiterhin hoch. 2019 sollte ein positives Jahr werden. Vielleicht nicht exzeptionell, aber gut.“

(Bloomberg)