Kaum hat der Bundestag den Haushalt für 2025 verabschiedet, starten auch schon die Beratungen über den Etat für das folgende Jahr. Finanzminister Lars Klingbeil brachte am Dienstag den Regierungsentwurf für den Haushalt 2026 in den Bundestag ein. Der SPD-Chef läutete damit eine viertägige erste Aussprache über den Etatentwurf ein. Verabschiedet werden soll der Haushalt erst Ende November. Zuvor muss die Koalition aus CDU, CSU und SPD noch einige Streitpunkte ausräumen und Finanzfragen klären - etwa zur Höhe der Einsparungen beim Bürgergeld oder zur Vier-Milliarden-Finanzlücke bei den Krankenkassen. Für Wirtschaft und Bürger verspricht der Etat Entlastungen - finanziert durch hohe Kredite und ambitionierte Wachstumsprognosen. Es folgt ein Überblick über die wichtigsten Kennzahlen im Regierungsentwurf, den das Kabinett am 30. Juli auf den Weg gebracht hatte.

ECKDATEN: Der Regierungsentwurf sieht Ausgaben von 520,5 Milliarden Euro im Kernetat und Kredite von 174,3 Milliarden Euro vor. Hinzu kommen die Ausgaben aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz (SVIK, 48,9 Mrd Euro), aus dem Sondervermögen der Bundeswehr (25,5 Mrd Euro) sowie aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF, 35,7 Mrd Euro). Insgesamt plant der Bund somit Ausgaben von rund 630 Milliarden Euro.

Am stärksten wächst der Wehretat. Das Budget soll um mehr als 20 Milliarden Euro auf rund 82,7 Milliarden Euro steigen. Mit den Ausgaben aus dem Sondervermögen Bundeswehr und weiteren Posten sollen die Verteidigungsausgaben 2026 eine Nato-Quote von rund 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen. Grösster Einzeletat bleibt das Arbeits- und Sozialministerium: Dessen Ausgaben steigen laut Plan auf 197,4 Milliarden Euro - 7,1 Milliarden Euro mehr als in diesem Jahr.

Gilt die Schuldenbremse noch?

Rein rechnerisch wird die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten. Sie erlaubt neue Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts plus eine Konjunkturkomponente, die bei geringem Wirtschaftswachstum mehr Kreditspielraum schafft. Das Finanzministerium kommt so auf eine zulässige Nettokreditaufnahme von rund 35,56 Milliarden Euro. Darin enthalten sind auch Darlehen von rund 7,6 Milliarden Euro an Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung.

Wie sind neue Schulden von 174,3 Milliarden möglich?

Tatsächlich plant die Bundesregierung für 2026 aber neue Schulden von 174,3 Milliarden Euro. Den Spielraum für die hohe Kreditaufnahme hatten sich CDU, CSU und SPD noch vor der Regierungsbildung mit zwei Grundgesetzänderungen verschafft, bei denen die Grünen ihnen zur Zwei-Drittel-Mehrheit verhalfen. Für Verteidigung und Teilbereiche der inneren Sicherheit wurde die Schuldenbremse faktisch ausser Kraft gesetzt, während für Infrastruktur und Klimaneutralität ein kreditfinanzierter 500-Milliarden-Euro-Sonderetat geschaffen wurde.

Konkret ist im Kernhaushalt eine Nettokreditaufnahme von 89,9 Milliarden Euro vorgesehen - davon 54,3 Milliarden über die Ausnahme für Verteidigungsausgaben bei der Schuldenbremse. Hinzu kommen 58,9 Milliarden Euro aus dem Schuldentopf für Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK). Und dann noch 25,5 Milliarden Euro aus dem kreditfinanzierten Sondervermögen für die Bundeswehr. So kommt die Regierung für 2026 auf eine um rund 31 Milliarden Euro höhere Schuldenaufnahme als für 2025 geplant und auf die zweithöchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik. Noch höher war sie nur während der Corona-Pandemie mit über 215 Milliarden Euro im Jahr 2021.

«Die grundgesetzlichen Änderungen führen ab dem Haushaltsjahr 2025 dazu, dass die Bremswirkung der Schuldenregel nur noch sehr eingeschränkt wirkt», befand der Bundesrechnungshof. «Die Schulden laufen der Wirtschaftsleistung davon.»

Wofür wird das Geld ausgegeben?

Die Prioritäten liegen auf der Stärkung der äusseren und inneren Sicherheit sowie auf Investitionen, vor allem in die Infrastruktur. Die Regierung erhofft sich davon Impulse für ein stärkeres Wirtschaftswachstum. Die Investitionen sollen auf 126,7 Milliarden Euro steigen, nach geplanten gut 115 Milliarden Euro in diesem Jahr. Es sind Entlastungen für Wirtschaft und Verbraucher vorgesehen: Bei den Energiepreisen wird bei der Stromsteuer die bestehende Entlastung für das produzierende Gewerbe von etwa drei Milliarden Euro fortgeschrieben. Durch einen Zuschuss von 6,5 Milliarden Euro zu den Entgelten für Übertragungsnetze werden alle Stromkunden entlastet.

Weitere Entlastungen kommen Pendlern und der Gastronomie zugute, etwa die Erhöhung der Entfernungspauschale und eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants. Für die geplante Aktivrente als Anreiz für Arbeitnehmer, über das Rentenalter hinaus im Job zu bleiben, sind Steuermindereinnahmen von rund einer Milliarde Euro im Etatentwurf berücksichtigt.

Zur Unterstützung der Ukraine im Krieg mit Russland sind 8,5 Milliarden Euro vorgesehen, plus 500 Millionen Euro Rückzahlungen aus der EU. Angemeldet hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) einen Bedarf von 15,8 Milliarden Euro.

Sind Bürgergeld und Gesundheitskosten noch ein Thema?

Aus dem Etat des Arbeitsministeriums fliessen rund 127,8 Milliarden Euro an die Rentenversicherung. Beim Bürgergeld will die Regierung laut Plan 1,5 Milliarden Euro einsparen. Insgesamt sind noch 41,05 Milliarden Euro für das Bürgergeld veranschlagt - davon 28,05 Milliarden Euro für die monatlichen Zahlungen zum Lebensunterhalt und 13 Milliarden Euro für die Beteiligung des Bundes an den Miet- und Heizkosten. Hinzu kommen noch rund zehn Milliarden Euro für Verwaltungs- und Eingliederungskosten der Jobcenter. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat wiederholt gefordert, in diesem System liessen sich zehn Prozent einsparen - also fünf Milliarden Euro. Wie das gelingen soll, ist offen. Merz und Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), die sich mittlerweile duzen, klären dies in Vier-Augen-Gesprächen.

Konfliktstoff für die Koalition bieten auch die Gesundheitskosten. Ohne Sofortmassnahmen droht für 2026 eine nochmalige Erhöhung des Zusatzbeitrags der Krankenkassen, dessen durchschnittliche Höhe Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) spätestens Anfang November festlegen muss. «Eine Lösung ist, mehr Mittel aus dem Haushalt zu bekommen», sagte die Ministerin. «Wenn uns das nicht gelingt, dann muss auch über andere Massnahmen nachgedacht werden, die einen Spareffekt haben. Ja, vielleicht auch ein Mix aus beidem.» Der Gesundheitsfonds erhält laut Plan bereits ein Darlehen von 2,3 Milliarden Euro, die Pflegeversicherung eines von 1,5 Milliarden Euro.

Auch im Verkehrsetat rumpelt es noch. Für Schiene, Strassen und Wasserstrassen sind rund 34 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind laut Finanzministerium sieben Milliarden Euro mehr als 2024. Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) beklagte dennoch öffentlich, es fehle Geld zur Fertigstellung baureifer Projekte. Damit handelte er sich prompt einen Tadel des Finanzministers ein, den Klingbeil per Brief ebenso öffentlich machte.

Warum spielt die Finanzplanung für 2027 eine Rolle?

In den Diskussionen über den Etat 2026 wird Klingbeil nicht müde, auf die erst noch anstehende Herkulesaufgabe zu verweisen: den Haushalt 2027. Dort klafft trotz aller Rekordschulden derzeit eine Lücke von 34 Milliarden Euro. Die Ministerien sind daher aufgefordert, Einsparungen zu überlegen. In Teilen der Koalition ist aber auch im Gespräch, die Einnahmen zu erhöhen - etwa durch eine Reform der Erbschaftsteuer.

Wann ist der Haushalt in trockenen Tüchern?

Eine wichtige Zwischenetappe ist die neue Steuerschätzung, die am 23. Oktober vorliegt. Der Bund hofft darauf, dass sich bis dahin die Wachstumaussichten für 2026 etwas gebessert haben und somit die Steuereinnahmen womöglich etwas besser ausfallen. Mitte November muss der Haushalt stehen: Am 13. November legen die Haushälter in der sogenannten Bereinigungssitzung letzte Hand an das Finanzwerk, traditionell in einer Nachtsitzung bis in die Morgenstunden des Freitags. Der Bundestag soll das Haushaltsgesetz dann am 28. November beschliessen. 

(Reuters)