Steigen die Immobilienpreise durch die Reform des Eigenmietwerts oder fallen sie? Die offiziellen Unterlagen zur Abstimmung, die Ende September stattfindet, geben dazu nur ungefähre Antwort. Vor einem möglichen Inkrafttreten könnte es zu mehr Aufträgen für die Bauwirtschaft kommen, danach sei mit Auftragseinbussen zu rechnen. Hintergrund dazu sind die Steuerabzüge von Unterhaltskosten. Investitionen in die Substanz von Eigenheimen, so heisst es weiter, seien aber auch langfristig erwartbar.
Dabei bewegt sich der Immobilienmarkt schon seit Jahren deutlich. Die Häuserpreise steigen anhaltend, und das freilich unabhängig von der Eigenmietwertsteuer oder deren nun möglicher Abschaffung. «Zuwanderung und anhaltend tiefe Zinsen sorgen für einen stetigen Nachfrageüberhang: Immer mehr Mieter möchten zu Eigentümern werden», erklärt UBS-Immobilienspezialist Claudio Saputelli.
Dem Experten zufolge verleiht die Reform des Eigenmietwerts dem Immobilienmarkt - insbesondere bei weiterhin tiefen Zinsen - zusätzliche Dynamik. «Neubauten werden tendenziell teurer, da das durch die Steuererleichterung frei werdende Kapital teilweise in teurere Objekte fliesst», so Saputelli.
Falls der Systemwechsel in der Abstimmung durchkommt, so ist die Steuerentlastung von Haushalt zu Haushalt allerdings unterschiedlich hoch. Die folgende Tabelle zeigt den Gesamteffekt der Reform für verschiedene Haushaltstypen. In die Rechnung, welche die Immobilienberatung Wüest Partner erstellt hat, wurden insbesondere der Eigenmietwert, der Unterhaltsabzug sowie die Schuld- respektive Hypothekarzinsen, die aktuell im Schnitt bei rund 1,5 Prozent liegen, einbezogen. Die Angaben in der Tabelle sind in Franken.
Haushaltstyp | Haushaltsbruttoeinkommen | Steuerrechnung Bund vor der Reform | Veränderung durch die Reform |
---|---|---|---|
Einelternhaushalt | 104’000 | 4’000 | minus 500 |
Familienhaushalt | 161’000 | 5’000 | minus 700 |
Seniorenhaushalt | 81’000 | 2’000 | minus 500 |
Restliche Haushalte | 115’000 | 3’000 | minus 400 |
Total | 113’000 | 4’000 | minus 500 |
Quelle: Effekt der Reform der Wohneigentumsbesteuerung auf die Steuerrechnung unterschiedlicher Haushaltstypen, Angaben in CHF. Quelle: Wüest Partner.
Aktuell würden alle Haushaltstypen durch den Systemwechsel Steuern sparen - für viele Haushalte sei der Eigenmietwert höher als die Schuldzinsen und der pauschale Unterhaltsabzug, so die Spezialisten von Wüest Partner. «Sofern kein grösserer Unterhalt ansteht, gewinnen also die Wohneigentumsbesitzer im Durchschnitt mit einer solchen Reform.»
Allerdings kann man nicht davon ausgehen, dass das gesamte frei werdende Kapital in neue Immobilien fliesst, sondern auch in andere Ausgaben oder Investitionen gesteckt wird. Daher spricht Saputelli auch von einem teilweisen Zufluss in in teurere Objekte.
Was für Neubauten gilt, wird laut dem UBS-Experten kaum auf Altbauten zutreffen. Deren Preisentwicklung dürfte an Schwung verlieren oder regional sogar ins Negative drehen. Denn «diese Immobilien werden relativ unattraktiver, weil Steuerabzüge für Sanierungen entfallen und Instandhaltungen daher teilweise zurückgestellt werden».
Demnach wird es zu einer zweigeteilten Entwicklung auf dem Immobilienmarkt kommen - ganz grob gesagt: Die Priese für Neubauten ziehen an, die Preise für Altbauten geraten ins Stocken. Doch gerade diese Spreizung öffnet das Tor zu einer Trendwende möglich. Denn irgendwann «könnten Altbauten im Vergleich zu Neubauten wieder so attraktiv werden, dass sie für Mieter wieder interessant und vermehrt gekauft werden», so Saputelli. Mieter, die einen Kauf anstreben, ein nagelneues Zwei-Millionen-Franken-Eigenheim aber nicht finanzieren können, werden sich eher für einen preiswerten Altbau entscheiden.
«Kaum ein wesentlicher Zusatzbooster»
Das Bild einer zweigeteilten Immobilienpreisentwicklung verändert sich, wenn man weitere Gesichtspunkte wie die Tragbarkeit und Eigenmittelanforderungen einbezieht. Wird dann die Anpassung des Steuerregimes noch ins Gewicht fallen? Eher nicht, sagt Donato Scognamiglio, Immobilienexperte und Präsident des Immobiliendienstleisters IAZI. Der Effekt der Reform auf den Immobilienmarkt werde überschätzt. «Die Häuserpreise werden kaum einen wesentlichen Zusatzbooster erhalten.»
Ein Grund für diesen gedämpften Preisausblick sieht Scognamiglio gerade in alten Häusern, die abgestraft würden, da sie aufgrund wegfallender Unterhaltsabzüge unattraktiver werden. Zudem seien jene, die von der Reform profitieren, schon älter; sie würden kaum mehr in grossem Stil Wohneigentum nachfragen. «Und die Jüngeren scheitern an der Finanzierung, zumal nur schon eine - vergleichsweise bescheidene - Ein-Millionen-Franken-Immobilie ein Haushaltseinkommen von 150'000 Franken voraussetzt.»
Zuwanderung und Zinsen bleiben bestimmend
Wie stark die Preise durch die Reform der Wohneigentumsbesteuerung tatsächlich steigen oder fallen werden, lässt sich laut UBS-Immobilienspezialist Saputelli indes nicht exakt modellieren.
Weiter bleiben den Experten zufolge die Zuwanderung und die Zinsen für den Immobilienmarkt massgebend. Deutlich steigende Zinsen schränken die Nachfrage ein, namentlich die Nachfrage der Mieter. Sie werden aufgrund höherer Zinsen eher in der angestammten Wohnung bleiben und weniger häufig in ein Eigenheim wechseln wollen. Auch Personen, die sich gegenwärtig Wohneigentum gerade noch leisten können, werden bei verschärften Konditionen kaum mehr mithalten können - oder mithalten wollen - und deshalb als Nachfrager ausscheiden.
Auch: «Auf Dauer werden die Zuwanderung und das knappe Bauland die Immobilienpreisentwicklung bestimmen - und den Effekt des Eigenmietwerts übersteuern, egal ob er abgeschafft wird oder ob es ihn weiterhin gibt», erklärt Scognamiglio.
In den vergangenen zwei Dekaden wanderten netto rund 70'000 Personen pro Jahr in die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz zu. Ob sich daran in Zukunft etwas Grundlegendes ändert, ist offen. Wohl aber weht der Zuwanderung ein rauer werdender Wind entgegen. So beispielsweise will eine Volksinitiative die Schweizer Wohnbevölkerung auf unter zehn Millionen Menschen begrenzen.
Worüber im September abgestimmt wird
Am 28. September kommen zwei miteinander verbundene Vorlagen vors Volk. Zum einen geht es um die Abschaffung des Eigenmietwerts und den Abbau von Abzügen. Zum anderen wird darüber befunden, ob die Kantone eine besondere Steuer auf Zweitliegenschaften erheben dürfen. Für letzteres ist eine Verfassungsänderung notwendig.
Da die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung mit dieser Verfassungsänderung rechtlich verknüpft ist, geht es in der Abstimmung um die ganze Reform: Wird die besondere Liegenschaftssteuer abgelehnt, so bleibt die Besteuerung des Eigenmietwerts bestehen.
Aktuellste Umfragen deuten auf ein Ja zur Reform hin. Rund 60 Prozent sprechen sich dafür aus. Etwa ein Drittel lehnt die Vorlage ab. Der Rest ist noch unentschlossen. Gross ist die Zustimmung im bürgerlichen Lager, während die politische Linke Widerstand gegen das Vorhaben leistet.
Dieser Artikel wurde erstmals am 29.08.2025 publiziert.
14 Kommentare
Dass ich auf ein fiktives Einkommen, das ich effektiv nicht erziele, steuern bezahlen muss, ist doch an sich schon hanebüchen, deshalb gehört die Versteuerung des Eigenmietwertes abgeschafft. Zudem ist die Festlegung des Eigenmietwertes sehr spekulativ. Ich habe immer hart gearbeitet, verzichtet, gespart, jede Ausgabe abgewogen, damit ich mir eine Immobilie leisten kann; mein investiertes Geld wurde bereits einmal als Einkommen besteuert. Also what the heck??
Ich möchte gerne anhand eines konkreten Beispiels vorrechnen, wie es sich tatsächlich zusammensetzt. Da nur Eigentümer mit abbezahltem Eigentum profitieren, gehe ich genau auf dieses Beispiel ein: Eine 3-Zimmer-Wohnung kostet in Zürich im Schnitt fast 2900 Franken im Monat, in Genf rund 2350 und schweizweit über 1400. Ein Eigentümer mit abbezahltem Haus zahlt bei einem Eigenmietwert von 20000 etwa 4000 Franken Steuern im Jahr, also rund 330 im Monat und das auch nur, wenn er keine Abzüge mehr geltend machen kann. Dazu kommen Unterhalt und Nebenkosten, aber keine Miete mehr. In einigen Kantonen gibt es zusätzlich eine Liegenschaftssteuer von 0.1 bis 0.3 Prozent des Steuerwerts, also meist zwischen 1000 und 2000 Franken pro Jahr, andere Kantone wie Zürich oder Aargau kennen sie nicht. Im internationalen Vergleich ist das extrem tief, in umliegenden Ländern liegen die Immobiliensteuern bei 0.5 bis 2 Prozent des Marktwerts. Die durchschnittliche AHV-Rente für Einzelpersonen liegt bei rund 2550 Franken im Monat. Ab 2026 kommt die 13. Rente dazu. Wer mit AHV, Pensionskasse, 3. Säule und Erspartem vorgesorgt hat, lebt im Alter als Eigentümer wirklich gut, profitiert von tieferen Wohnkosten und der Wertsteigerung seiner Liegenschaft. Natürlich reduziert sich die Steuerlast zudem durch verschiedene Abzüge nochmals deutlich. Und wenn die Allgemeinheit jetzt noch 200 bis 300 Franken mehr Steuern im Jahr dazu zahlen soll, teilweise wird sogar mit bis zu 500 Franken gerechnet, dann geht diese Rechnung vorne und hinten nicht mehr auf. Ich glaube, das ist selbst erklärend.
Das Beispiel vergisst komplett die Investitionskosten. Legt jemand das Geld in Mietimmobilien und Aktien, fährt er finanziell betrachtet im Schnitt besser, zudem kann er jederzeit beim Staat anklopfen für Stipendien der Kinder, Krankenkassenbeiträge, Sozialunterstützung... wenn mal was schief geht - man kann ihm nichts wegnehmen. Zudem kann man gut mit 80% und weniger durchs Leben kommen. Für die Banken ist der Eigenmietwert ein gutes Geschäft, für den Staat die Handänderungssteuer. Der Mittelstand wird optimal gemolken mit einer Steuer, die es ansonsten fast nirgends gibt.
Die einzige Lösung für die Mieter, um die steigenden Mietpreise zu senken, ist die Abschaffung des Steuerabzuges für leerstehende Wohnungen.
Allen die die Abschaffung bekämpfen, dürfte eine Nachhilfestunde in Geschichte etwas weiterhelfen. Diese Steuer wurde als Kriegsteuer eingeführt um die Verteidigung der Schweiz zu finanzieren. Wäre also eigentlich zweckgebunden. Aber wie mit allen Steuern , mal eingeführt findet der Fiskus immer wieder neue Wege um das Geld für andere Zwecke auszugeben. Da hätte der Steuerzahler mal die Gelegenheit zu sagen das reicht !
Ich möchte Sie korrigieren. Ja, der Eigenmietwert wurde ursprünglich als Kriegssteuer eingeführt, bereits 1915 zur Finanzierung des Ersten Weltkriegs. Auch während der Wirtschaftskrise 1934 gab es eine ähnliche Abgabe, die ab 1940 Teil der Wehrsteuer wurde. Entscheidend ist aber: 1958 haben Volk und Stände dem endgültigen Verbleib des Eigenmietwerts zugestimmt und ihn damit fest verankert. In unserer Demokratie wurde also wiederholt entschieden, dass die Besteuerung des fiktiven Nutzens beim Eigenheim legitim ist, weil sie Vorteile von Eigentümern gegenüber Mietern ausgleicht und zum solidarischen Steuersystem beiträgt. Die aktuelle Vorlage ist deshalb problematisch, weil sie dieses bewährte Prinzip streicht, ohne eine tragfähige Alternative vorzulegen.