Die Anlegerinnen und Anleger mit Schweizer Pharmavaloren haben sich zum Ende des letzten Jahrhunderts eine goldene Nase verdient. Jahr für Jahr haben Novartis - früher noch Ciba-Geigy und Sandoz vor der Fusion 1996 - und Roche den Swiss Market Index (SMI) in der Kursentwicklung übertroffen.
In den letzten 25 Jahren ist die Outperformance gegenüber dem Gesamtmarkt geringer geworden. Die jährliche Gesamtrendite - sprich Kursgewinne und Dividendenerträge kumuliert - betrug bei Roche 5,9 Prozent und 5,5 Prozent für Novartis, während der SMI nur 5,0 Prozent abwarf. Anleger werden aber gerade bei Roche schmerzlich zur Kenntnis nehmen, dass in den letzten zehn Jahren ausser bei der fortlaufend steigenden Dividenden wenig lief. Die Genussscheine des Basler Pharmariesen notieren nahezu unverändert im Vergleich zum Juni 2015 - vor allem, weil die Firma in 2022 Rücksetzer in der Pipeline zu verkraften hatte.
Bei Novartis war es umgekehrt. Dort dümpelte der Titel von 2000 bis 2011 vor sich her, ehe er zur Aufholjagd ansetzte. Novartis hat seine Hausaufgaben gemacht und die Anleger profitieren davon.
Novartis hat im Vergleich zu Roche zwar weniger Testergebnisse bei neuen Wirkstoffen, aber eine höhere Erfolgsquote, schreibt Stefan Schneider, Analyst bei Vontobel, in einer Kundennotiz am Mittwoch. «Die Novartis-Aktie ist für risikoscheue Anleger besser geeignet, während Roche für diejenigen in Frage kommt, die für ein höheres Aufwärtspotenzial auch ein höheres Risiko in Kauf nehmen können.»
Der Vontobel-Experte begründet seine positive Haltung mit der Konsensmeinung für Novartis. Diese ist eher skeptisch, weil unter der vorherigen Unternehmensleitungen das Geld immer in die zahlreichen Divisionen investiert wurde, sodass die Anleger weniger am Unternehmenserfolg beteiligt wurden. «Die Schliessung dieser Lücke zwischen den Unternehmens- und den Konsenserwartungen ist Teil unserer Anlagebeurteilung, und bislang lagen wir damit richtig. Wir liegen in unserem Modell nahe an der mittelfristigen Prognose von Novartis, das seine Prognose neun Quartale in Folge übertroffen und weiter angehoben hat», meint der Vontobel-Experte.
Weiter spricht für Novartis, dass sich die Anleger wahrscheinlich mit dem Kauf von Aktien zurückhalten, weil in den USA Mitte 2025 die Generika von Entresto, Tasigna und Promacta - diese machten rund 15 Prozent des Umsatzes im ersten Quartal 2025 aus - lanciert werden. Daher wird das Wachstum von Novartis im zweiten Halbjahr 2025 und ersten Halbjahr 2026 geringer ausfallen, bis die Auswirkungen der Generika annualisiert worden sind. Dieser Effekt spiegelt sich in der 2025er-Prognose und der mittelfristigen Prognose wider.
Aufgrund der tadellosen Umsetzung von Novartis in den letzten Jahren, der beträchtlichen Wachstumsdynamik sowie der verbesserten und fokussierten Pipeline bestätigt der Vontobel-Experte das Kursziel von 118 Franken und das «Buy»-Rating. Er stuft auch die Valoren von Roche mit «Buy» und einem Kursziel von 320 Franken ein.
In 2025 könnten bei Roche sieben neuartige Moleküle von der Phase 2 in die Phase 3 übertreten. Diese Studien sind nicht ohne Risiko - aber falls der Übertritt gelingt, gehen im Normalfall die Umsatzschätzungen der Analysten hoch. Bis dato wurden die Studienresultate von zwei der zwei potenziellen Produkte gezeigt - und diese waren positiv, so Schneider von Vontobel.