Nach einer kurzen Erholung hat der Ölpreis seine Talfahrt zu Wochenbeginn wieder aufgenommen. In Europa verbilligt sich das Fass der Ölsorte Brent um 1,5 Prozent auf 49,36 Dollar und jenes der Sorte WTI in Übersee verliert 1,3 Prozent auf 47,79 Dollar. Alleine seit letztem Juni beläuft sich das Minus damit auf knapp 60 Prozent.

Viele Marktakteure haben das Ausmass des Rückschlags unterschätzt und sich zu früh eingekauft. Nur die wenigsten haben Nerven bewiesen und zugewartet.

Während viele Banken bei ihren Prognosen für den Ölpreis laufend zurückbuchstabieren, spricht mit DNB nun erstmals ein Institut eine Kaufempfehlung aus. Die Dänen schliessen im Laufe der ersten Jahreshälfte einen Rückschlag bis in die Nähe von 40 Dollar je Fass zwar nicht kategorisch aus. Auf das Gesamtjahr betrachtet rechnen sie beim Fass Öl der Sorte Brent jedoch mit einem Durchschnittspreis von 65 Dollar. Vom aktuellen Stand aus betrachtet entspricht dies einem Aufwärtspotenzial von gut 30 Prozent.

Noch optimistischer geben sich die Rohstoffstrategen der Bank of America Merrill Lynch, welche bis Ende Jahr von einer Erholung des Ölpreises um 76 Prozent auf 87 Dollar je Fass ausgehen.

Neigt der Markt einmal mehr zu Übertreibungen?

Nach dem überraschenden Nullentscheid der Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC) im November habe sich der Erdölmarkt grundlegend verändert, so die Berufskollegen von DNB. Daran werde sich bis zum nächsten Treffen vom kommenden Juni vermutlich nichts ändern. Noch sei das neue Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nicht erreicht.

Dennoch rechnen sie zumindest in den nicht zur OPEC gehörenden Fördernationen im Laufe des Jahres mit einer immer geringeren Ölproduktion. Ab der zweiten Jahreshälfte werde sich dann auch in den USA ein Produktionsrückgang einstellen. Die Rohstoffstrategen rechnen deshalb damit, dass der Ölpreis die Talsohle spätestens dann durchschritten haben wird. Ihre Schlüsselbotschaft: Der Markt neigt immer mehr zu einer klaren Übertreibung und der Ölpreis wird nicht ewig auf dem gedrückten Niveau verharren.

Ursprünglich als Joint-Venture gegründet, gehört DNB schon seit Jahren der norwegischen Bank DnB NOR. Mit einer Bilanzsumme von rund 11 Milliarden Euro ist sie vor allem im Ostseeraum tätig.

Handelt es sich bei der vorliegenden Empfehlung nicht eventuell um Zweckoptimismus? Immerhin ist Norwegen genauso wie der ganze Ostseeraum in einem hohen Grad von der Öl- und Gasindustrie abhängig. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.