In der vergangenen Börsenwoche sorgten insbesondere die US-Arbeitsmarktdaten für Interesse. Die weltgrösste Volkswirtschaft hatte im August erneut weniger Arbeitsplätze als erwartet geschaffen. Zudem wurde der Beschäftigungsaufbau in den beiden Vormonaten nach unten revidiert.
Angesichts der schwachen Daten dürfte einer Leitzinssenkung durch die US-Notenbank Fed Mitte September kaum noch etwas im Wege stehen. Die Arbeitsmarktdaten zählen für die US-Notenbank Federal Reserve neben den Inflationszahlen zu den wichtigsten Kennziffern zum Abstecken ihres Zinskurses.
Fed-Chef Jerome Powell hat jüngst die Tür für eine Zinssenkung geöffnet und auf zunehmende Risiken für den Arbeitsmarkt verwiesen. Die Zentralbank hat den Schlüsselsatz dieses Jahr noch nicht angetastet und in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent belassen. «Der Handlungsdruck bei Jerome Powell ist mit diesem Arbeitsmarktbericht ohne jeden Zweifel weiter gewachsen», so das Fazit von NordLB-Analyst Tobias Basse.
Allerdings nähren die Jobdaten mittlerweile auch Konjunktursorgen. Börsenexperte Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners verwies darauf, dass der revidierte Wert für die Beschäftigung im Juni nun unterhalb der Nulllinie liege und damit der einzige Negativwert in der Post-Covid-Ära sei.
Somit sorgten die Daten am Freitag nochmals für Verschiebungen an den Börsen. Der SMI schloss 0,17 Prozent tiefer, im Wochenvergleich steuerte das Schweizer Börsenbarometer aber immer noch auf ein Plus von 1,4 Prozent zu.
Der Nasdaq 100 schaffte ein Wochenplus von einem Prozent, während der US-Leitindex Dow Jones einen Verlust von 0,3 Prozent verbuchte. Unter Druck standen vor allem Finanzwerte. Händler erklärten, die sich in den USA abzeichnende Zinssenkung könnte bei den Erträgen von Banken und Versicherern Bremsspuren hinterlassen.
Zinssitzung der EZB
Auch kommende Woche bleiben Konjunkturdaten und Notenbanken im Fokus. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird aus Sicht von Volkswirten am Donnerstag auf ihrer ersten Zinssitzung nach der Sommerpause sehr wahrscheinlich wie schon im Juli ihre Füsse stillhalten.
Die Experten erwarten, dass Notenbankchefin Christine Lagarde und ihre Mitstreiter im EZB-Rat am Leitzins im Euroraum von 2,00 Prozent nicht rütteln werden. «Die EZB dürfte in der kommenden Woche die Zinsen unverändert lassen. Auch danach rechnen wir auf absehbare Zeit mit konstanten Leitzinsen», sagt Commerzbank-Ökonom Marco Wagner voraus. Am Terminmarkt wird eine erneute Zinspause kommende Woche inzwischen als praktisch sichere Sache eingestuft.
Die Währungshüter hatten den Einlagenzins - das ist der Leitzins im Euroraum - im Zuge einer nachlassenden Inflation zwischen Juni 2024 und Juni 2025 insgesamt achtmal gesenkt. Noch Anfang Juni 2024 hatte der Satz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder horten, bei 4,0 Prozent gelegen. Die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft ist inzwischen aber weitgehend unter Kontrolle: Sie lag im August bei 2,1 Prozent. Das liegt nur minimal über der Zielmarke von 2,0 Prozent, die die Notenbank für die Wirtschaft als optimales Niveau erachtet. Im Juli und Juni hatte die Rate sogar genau die EZB-Zielmarke getroffen. Zudem hat sich die Wirtschaft in der Euro-Zone trotz der Trump-Zölle bislang ziemlich widerstandsfähig gezeigt, wie EZB-Direktorin Isabel Schnabel unlängst in einem Reuters-Interview sagte.
Die Analysten der NordLB, Norman Rudschuck, Lukas Kühne und Alexander Grenner halten in ihrer Vorschau eine Zinssenkung am Donnerstag für ausgeschlossen. «Die Geldpolitik im gemeinsamen Währungsraum verharrt damit weiterhin in der Warteschleife», schreiben die Experten. Eine Hängepartie erwarten sie jedoch nicht. «Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass uns in diesem Jahr noch eine weitere Zinssenkung ins Haus stehen dürfte – der Dezember scheint uns dafür der geeignete Zeitpunkt zu sein.» Am Terminmarkt wird momentan dafür die Wahrscheinlichkeit mit etwa 27 Prozent bewertet.
Neue Prognosen und Frankreich im Fokus
Den Währungshütern werden nächste Woche bei ihren Beratungen auch neue vierteljährliche Wirtschaftsprognosen der Notenbank-Volkswirte vorliegen. Diese Projektionen sind stets eine wichtige Entscheidungshilfe für den EZB-Rat. Die US-Investmentbank Goldman Sachs rechnet damit, dass die Inflationsprognosen unverändert bleiben werden. «Insgesamt dürften die Prognosen eine moderate Aufwärtskorrektur des Wachstums, eine Unterschreitung des Inflationsziels für das nächste Jahr und eine Inflation nahe dem Zielwert für 2027 zeigen», meint Europa-Chefvolkswirt Sven Jari Stehn.
Auf der Pressekonferenz mit Lagarde nach dem Zinsbeschluss dürfte auch die Regierungskrise in Frankreich ein Thema sein. In den vergangenen Wochen erhöhte sich deswegen die Rendite französischer Staatsanleihen im Vergleich zu ihren deutschen Gegenstücken deutlich. «Die Notenbankchefin wird aller Voraussicht nach anmahnen, dass die Länder der Eurozone ihre Bemühungen zur Konsolidierung der Haushalte verstärken müssen», meint DZ-Bank-Analyst Christian Reicherter. Für Krisensituationen hat die EZB das Instrument TPI in der Hinterhand, das gezielte Anleihenkäufe zur Stützung eines Euro-Landes erlaubt. Reicherter glaubt allerdings nicht, dass die EZB schon über einen Einsatz nachdenkt. «Die Währungshüter dürften aber bei weitem noch nicht eine Aktivierung des Kriseninstruments in Erwägung ziehen,» meint der Experte.
Nach Einschätzung des Chefvolkswirts der niederländischen Grossbank ING, Carsten Brzeski, wird alles in allem die Diskussion auf der EZB-Sitzung nächste Woche kontroverser ausfallen, als die Finanzmärkte derzeit erwarten. Brzeskis Fazit: «Die EZB scheint derzeit nicht bereit zu sein, ihre 'gute Position' zu verlassen, obwohl eine Zinssenkung später in diesem Jahr weiterhin nicht ausgeschlossen werden sollte.»
Zahlen und Termine
In der Schweiz geht zudem die Zahlensaison weiter. Medacta beginnt am Montag mit den Halbjahresergebnissen, gefolgt von Baloise und Bioversys am Mittwoch. Tags darauf folgen R&S.
Ebenso steht seitens Swiss Re das Branchentreffen «Rendez-Vous de Septembre» am Montag an. Am Dienstag gibt die UBS ihren Outlook Schweiz heraus und Logitech und Richemont führen kommende Woche ihre Generalversammlungen durch.
(cash/Reuters)