cash: Herr Ringier, Sie sind ausgebildeter Journalist und begeistern sich für Kunst. Was verbindet diese beiden Genres?
Michael Ringier: Für beides braucht es ein Talent, um sich ausdrücken zu können. Der eine macht das mit Worten, der andere mit dem Pinsel oder dem Fotoapparat.
Es geht aber auch…
…um die Analyse. Weder Journalismus noch Kunst entsteht, wenn man vorher nicht ein wenig nachdenkt. Und es braucht Neugierde und eine gewisse Besessenheit.
Verleger und Kunstsammler Michael Ringier (65) ist Verleger (u.a. Blick-Gruppe, Schweizer Illustrierte, cash zweiplus) und einer der weltweit bedeutendsten Sammler von zeitgenössischer Kunst. Er besitzt über 2000 Werke, viele davon sind im Pressehaus in Zürich zu bestaunen. Der grosse Sportfan (ehemalige Nummer 10 der Schweiz im Tennis, Golf Handicap 11,4, Marathonläufer) ist mit der Juristin Ellen Ringier verheiratet. Die beiden haben zwei Töchter. |
Was zeichnet denn das Herausragende aus?
Das Besondere entsteht dann, wenn jemand eine Idee hatte.
Ideen haben viele.
Es muss die bessere Idee sein. Alles wurde schon gemalt, alles fotografiert. Das Neue ist nur das, was es bis jetzt noch nicht gegeben hat.
Der äusserst kreative Uhrenunternehmer Jean-Claude Biver plädierte kürzlich für Kunst als Schulfach.
Bei der zeitgenössischen Kunst müssen Sie sich ständig auf Ungewisses einlassen. Entscheidungen treffen, von denen Sie nicht wissen, wie sie herauskommen und welches die Konsequenzen sind. In den Firmen hingegen traut sich niemand mehr, Verantwortung zu übernehmen. Für jeden Schwachsinn erstellt jemand 150 Charts, dann lässt er das Ganze noch von McKinsey oder einer andern Beratungsfirma absegnen, um ganz sicher zu sein.
Oft sagen Leute aber, wenn sie ein modernes Werk betrachten, so hätten sie im Kindergarten auch gemalt.
Solche Kommentare hören Sie nur von Erwachsenen, nie von Kindern. Diese gehen mit Neugierde an diese Sachen heran. Was mir auffällt: Angelsächsische Museen sind immer voller Kinder.
Entscheidet Ihr Bauch über den Kauf eines Werks - oder der mögliche Anlageerfolg?
Der Bauch ist auch lernfähig. Es ist nicht so, dass man einfach nach Lust und Laune Kunstwerke kauft. Wenn man sich 20 bis 30 Jahre intensiv mit etwas beschäftigt, dann weiss man einfach viel.
Nochmals. Wie wichtig ist für Sie das Investment, die Rendite?
Diejenigen, die Kunst als Anlage kaufen, kaufen immer das Falsche. Sie werden nie grosse Gewinne machen. Sie kaufen Mainstream. Ich erhalte von meinen Weinhändlern in London auch Charts, die mir sagen, dass ich jetzt Château Haut-Brion kaufen soll, weil er gegenüber dem Lafite um 30 Prozent unterbewertet sei. Das ist doch der grösste Schwachsinn, den man machen kann. Schauen Sie das Bild hinter mir…
…dieses bunte Streifenwerk…
…dieses Werk von Anselm Reyle habe ich für 15 000 Franken gekauft. Zwischenzeitlich war es bis 300 000 Franken wert. Heute ists vielleicht 100 000 wert. Das ist mir aber dermassen egal, was das wert ist. Es hängt hier, weil es ein schönes Bild ist.
Was bedeutet Ihnen Geld per se - könnten Sie nur noch Marathons laufen, zum Plausch Tennis spielen und bescheiden leben?
Ja, es ginge schon. Aber ehrlich gesagt sehe ich nicht ein, weshalb. Ich habe nicht den Drang danach. Ich habe ein wunderbares Leben. Aber es ist kein verschwenderisches - es gibt weder Yachten noch Flugzeuge. Es gibt Ferienhäuser, aber mein eigentlicher Luxus ist wirklich die Kunst.
Geld ist für Sie also nicht wichtig?
Das sagen nur Leute, die es haben. Das ist komplett arrogant. Geld ist sehr wichtig, vor allem, wenn man es nicht hat.
Und wenn man es hat…
…verliert es an Wichtigkeit. Geld an und für sich ist uninteressant. Spannend ist, was man damit machen kann. Es gibt Gescheiteres, als an die Bahnhofstrasse zu gehen.
Es gibt ganz viele Leute, die kein Geld haben…
…und die wären unendlich froh, wenn sie auch etwas davon erhielten. Und da ist meine Frau Ellen zuständig.
Sie kaufen Kunst und Ihre Frau beruhigt das soziale Gewissen?
Nein, das ist einfach eine Aufgabenteilung. Sie führt auch die Stiftung Humanitas, die mein Grossvater gegründet hat. Mit dieser unterstützen wir jedes Jahr mit einigen Hunderttausend Franken Menschen, die es schwer haben im Leben. Aber das ist nur ein Teil unseres Engagements. Wir unterstützen auch Spitzenleistungen in der Kultur - die Schweiz sollte der Welt zeigen, wie gut sie ist.
Sind Sie selber aktiv an der Börse?
Früher schon. Inzwischen habe ich eingesehen, dass es keinen Sinn hat. Weshalb soll ich Geld dort anlegen, wo ich eigentlich nicht viel davon verstehe? Aus Geld noch mehr Geld zu machen ist nicht sehr reizvoll, ausser, es dient einem unternehmerischen Sinn.
Wirtschaft wird immer komplexer. Vor 25 Jahren gründeten Sie cash, um dem Mann von der Strasse die Wirtschaft zu erklären. Ist das heute nicht nötiger denn je?
Absolut. Die gedruckte Ausgabe von cash ist nicht am mangelnden Interesse der Leser gestorben. Nachdem es vier Sonntagszeitungen gab, hatten wir mit cash die kleinste Reichweite, weil wir uns auf die Wirtschaft spezialisiert hatten. Das Anzeigenaufkommen genügte nicht mehr, um das zu finanzieren.
Heute wäre die Situation noch dramatischer.
Aber es braucht Wirtschaftsinformationen für all diejenigen, die nicht alle komplexen Zusammenhänge verstehen. Die jetzige Lösung zusammen mit der bank zweiplus und dem Finanzportal entspricht der heutigen Zeit. Sie können Wirtschaftsjournalismus rein durch Werbung nicht mehr finanzieren.
Riniger ist das grösste international operierende Schweizer Medienunternehmen und führt weltweit mit seinen rund 7500 Mitarbeitern mehr als 120 Zeitungen und Zeitschriften, Druckereien, diverse Radio- und Fernseh-kanäle und über 80 Web- und Mobile-Plattformen. 2013 verdiente das 1833 gegründete Medienhaus 26,5 Millionen Franken und erwirtschaftete einen Umsatz von 1,02 Milliarden. Das Joint Venture zwischen Ringier/cash und der bank zweiplus geht neue Wege in der Vermittlung von Finanz- und Wirtschaftsinformationen und Trading.
Dieses Interview finden Sie auch im Magazin «cash INSIDE» 2/2014. Das Magazin können Sie als PDF herunterladen oder als ePaper lesen.