Wer sich sein Portfolio an Exchange Traded Funds, kurz ETF, zusammenstellt, sieht sich früher oder später mit der Frage konfrontiert, wie sich das eigene Alter auf das Investment auswirken könnte.

Die gute Nachricht vorweg: Die Anzahl Lebensjahre hat weniger Einfluss, als man auf den ersten Blick vermuten mag. «Nicht das Alter ist entscheidend, sondern der Anlagehorizont», sagt der Finanzberater Iwan Brot auf Anfrage von cash.ch. Beim Anlegen müsse man sich überlegen, für was das Geld in Zukunft eingesetzt werden solle und wie viel Zeit bis dahin existiere, führt der Finanzplaner aus.

Das bestätigt auch Finanzplanerin Clara Creitz und verdeutlicht es in einem Beispiel: «Wenn ich als 25-jährige Geld anlege, und in 10 Jahren das Investment für einen Hauskauf wieder auflösen will, dann wähle ich eine andere Zusammensetzung an ETFs, als wenn ich bis zu meiner Pension investiert bleiben will.» Deshalb sei es so wichtig, sich vor dem Anlegen bewusst zu sein, wofür man anlegt, so Creitz.

Dennoch gilt: Je älter man wird, desto kürzer wird tendenziell der Anlagehorizont. Ein 30-Jähriger hat in der Regel mehr Zeit, Marktschwankungen auszugleichen als ein 70-Jähriger. Da ETFs als börsengehandelte Fonds jeweils einen Index abbilden – wie zum Beispiel den Swiss Leader Index (SLI) – verhält sich der ETF entsprechend wie der Markt.

Das bedeutet: Fällt der SLI um 0,5 Prozent, verliert auch der ETF ein halbes Prozent. Legt der SLI zu, gewinnt auch der ETF im gleichen Masse an Wert. Deshalb kann bei der Portfolio-Zusammenstellung die wohl älteste und wichtigste Investment-Regel nicht völlig ausser Acht gelassen werden: Zeit schafft Geld.

Neben der Zeit spielen weitere Faktoren eine entscheidende Rolle bei der ETF-Auswahl: die individuelle Risikobereitschaft der Anlegerin, eine breite Diversifizierung über verschiedene Regionen, Branchen und Anlageklassen zur optimalen Risikostreuung sowie die Kosten. Dabei sollte die Gesamtkostenquote (TER) eines ETFs möglichst niedrig ausfallen. Auch das Alter und das Volumen an Kundengeldern, die im Fonds verwaltet sind («Assets under Management»), verdienen Beachtung, da sie Aufschluss über die Stabilität, Liquidität und Performance des Produkts geben.

Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren und der Prämisse, dass das Geld langfristig angelegt und nicht nach zehn Jahren aufgelöst werden soll, lassen sich grob verschiedene Altersgruppen mit spezifischen Anlagemerkmalen für die ETF-Auswahl kategorisieren:

Junge Anleger (bis 40)

Jüngere Anleger verfügen über einen entscheidenden Vorteil: Zeit. Der lange Anlagehorizont ermöglicht es ihnen, höhere Risiken einzugehen, da genügend Zeit bleibt, um Kursschwankungen auszugleichen. Gleichzeitig kann das Kapital den Zinseszinseffekt optimal ausschöpfen – es werden nicht nur Erträge auf das ursprüngliche Kapital generiert, sondern auch auf bereits aufgelaufene Gewinne.

Entsprechend eignen sich für junge Anleger ETFs mit hohem Aktienanteil (80–100 Prozent). Aktien erzielen historisch gesehen zwar höhere Renditen als andere Anlageklassen, unterliegen aber auch höheren Schwankungen. Besonders interessant sind dabei ETFs aus wachstumsstarken, aber volatilen Branchen wie der Technologie- oder dem Rohstoffsektor, beispielsweise der «Xtrackers MSCI World Information Technology UCITS».

Dieser technologiekonzentrierte ETF wird an der Londoner Börse gehandelt und hat umgerechnet ein Fondsvolumen von gut 3,9 Milliarden Schweizer Franken. Der ETF besteht zu 99,9 Prozent aus Aktien. Davon sind wiederum 99,2 Prozent Tech-Werte, von denen fast 90 Prozent von US-Techfirmen stammen, gefolgt von der Eurozone mit fast 5 Prozent und Japan mit 3 Prozent. Die grössten Titel sind Nvidia und Microsoft mit jeweils 18 Prozent und Apple mit 17 Prozent.

Auch ETFs auf Schwellenländer sind für junge Anleger mit langem Anlagehorizont interessant. Diese Märkte bieten oft ein höheres Wachstumspotenzial als entwickelte Volkswirtschaften, sind jedoch mit entsprechend grösseren Kursschwankungen verbunden. Ein Beispiel ist der «iShares Emerging Markets Equity Index Fund» in Schweizer Franken, der an der Schweizer Börse mit einem Vermögen von 0,1 Milliarden Schweizer Franken gehandelt wird und zu 99,8 Prozent aus Aktien besteht.

Davon sind fast die Hälfte in asiatischen Schwellenländern und knapp 30 Prozent in asiatischen Industrieländern angelegt, gefolgt von 7,5 Prozent in Lateinamerika, 7 Prozent im Mittleren Osten und 3 Prozent in afrikanischen Ländern. Nach Sektoren aufgeteilt stehen Finanzdienstleister mit fast einem Viertel an erster Stelle, gefolgt von Techwerten mit 23 Prozent, zyklischen Konsumgütern (13,6 Prozent), Nachrichtenwesen (10 Prozent) und Industrie (6,8 Prozent).

Mögliche Beispiele für junge Anleger:

Name Kosten Fokus Asset under Management

Zusammensetzung

Xtrackers MSCI World Information Technology UCITS 0,25% Aktien Technologieunternehmen weltweit 3,9 Mia. CHF

99,9% Aktien, davon 99,2% Tech-Werte (davon 90% aus den USA, u.a. 18% Nvidia und Microsoft, 17% Apple)

iShares Emerging Markets Equity Index Fund (CH) 0,25% Aktien Schwellenländer weltweit 0,1 Mia. CHF

99,8% Aktien, 50% Schwellenländer Asien, 30% Industrieländer Asien, 7,5% Lateinamerika, 7% Mittlerer Osten, 3% Afrika

Quelle: Morningstar

Anleger mittleren Alters (bis 60 Jahre)

Für Anleger mittleren Alters, die einen langfristigen Vermögensaufbau anstreben, sind ETFs, die breit diversifizierte Aktienindizes abbilden, interessant. Hierbei ist eine moderate Risikobereitschaft ratsam, die beispielsweise über mehrere Branchen und/oder Länder verteilt werden kann, da der Anlagehorizont noch einige Jahre beträgt, aber auch eine gewisse Kapitalerhaltungsstrategie, also Verluste durch grosse Marktschwankungen möglichst zu vermeiden und das investierte Geld zu erhalten, berücksichtigt werden sollte.

Ein Beispiel ist der «UBS Core SPI® ETF (SPICHA)», der die Preis- und Ertragsperformance vor Kosten am SPI, dem größten Schweizer Aktienindex, abbildet. Sein Fondsvolumen beträgt fast 1,5 Milliarden Schweizer Franken, wovon 99 Prozent auf Schweizer Aktien entfallen. Diese sind wiederum aufgeteilt in die Sektoren Gesundheitswesen (rund ein Drittel), Finanzdienstleistungen (ein Fünftel), nichtzyklische Konsumgüter (16 Prozent), Industriewerte (12,5 Prozent) und Rohstoffe (7,9 Prozent). Die am stärksten gewichteten Titel sind dabei Nestlé (14 Prozent), Roche (11,5 Prozent) und Novartis (11,4 Prozent), gefolgt von Zurich (5,2 Prozent) und Richemont (5,1 Prozent).

Wer nicht in einen ETF mit hohem Aktienanteil investieren möchte, kann einen Mix aus Aktien und Anleihen ins Auge fassen. So lässt sich das Risiko streuen und gleichzeitig von Renditechancen profitieren. Solche Produkte werden am Markt meist unter dem Namen «Multi Assets» angeboten, wie etwa der «Vanguard LifeStrategy 60% Equity Fund», der an der Londoner Börse gehandelt wird. Er setzt sich zu 60 Prozent aus Aktien und 40 Prozent aus Obligationen mit einer Laufzeit von durchschnittlich 6,3 Jahren. Multi-Asset-ETF sind aber teurer.

Mögliche Beispiele für Anleger mittleren Alters:

Name Kosten Fokus Asset under Management

Zusammensetzung

UBS Core SPI® ETF (SPICHA) 0,09% Aktien Schweiz 1,5 Mia. CHF

99% aus Schweizer Aktien (u.a. mit 14,2% Nestlé, 11,5% Roche, 11,4% Novartis, 5,2% Zurich, 5,1% Richemont)

Vanguard LifeStrategy 60% Equity Fund 0,25% Aktien und Anleihen weltweit 0,5 Mia. CHF

Mischfonds 60% Aktien und 40% Anleihen mit einer durchschnittlichen Laufzeit von 6,3 Jahren, davon 62,8% USA, 7,7% Eurozone, 6,1% Asien (Schwellenländer), 5,8% Japan, 4% Europa (ex. Euro), 24,2% Technologie, 17,9% Finanzdienstleistungen, 10,5% Zyklische Konsumgüter, 10,3% Gesundheitswesen, 10% Industriewerte

Quelle: Morningstar

Ältere Anleger (ab 60 Jahren)

Ältere Anleger, die kurz vor der Pensionierung stehen, konzentrieren sich tendenziell eher auf den Erhalt ihres Vermögens. Im Vordergrund steht dabei, den Anteil volatiler Anlageprodukte weiter zu reduzieren. Wer auf ETFs mit einem hohen Aktienanteil setzt, kann auf ETFs mit stabilen Dividendenrenditen oder defensiven Aktientiteln setzen, wie beispielsweise den «iShares Swiss Dividend ETF (CH)», der mit einem Fondsvolumen von über 4,5 Milliarden Franken an der Schweizer Börse gehandelt wird.

Der Fonds besteht zu 99,9 Prozent aus europäischen Aktien, die nicht aus dem Euroraum stammen. Diese sind auf die Sektoren Finanzdienstleistungen (34,6 Prozent), Gesundheitswesen (30,3 Prozent), Nichtzyklische Konsumgüter (15,6 Prozent), Rohstoffe (8,7 Prozent) und Industriewerte (7,3 Prozent) aufgeteilt. Entsprechend sind die Unternehmen, welche am stärksten im ETF vertreten sind, kaum überraschend. Dies sind etwa zu gleichen Teilen die Werte von Novartis, Nestlé, Zurich, Roche und Swiss Re.

Aber auch hier kann es, je nach Anlagehorizont, eine Überlegung wert sein, in einen Mischfonds aus Aktien und Anleihen zu investieren, wie im mittleren Alter oder in einen Fonds, der praktisch nur aus Bonds besteht, wie beispielsweise «SPDR Bloomberg Euro Governement Bond UCITS ETF» der mit einem Fondsvolumen von umgerechnet 1,2 Milliarden Franken an der deutschen Börse gehandelt wird. Die durchschnittliche Laufzeit beläuft sich auf 7,1 Jahre. Anleger dürfen mit einer 12-Monats-Dividendnerendite von 1,82 Prozent rechnen. Der ETF ist zu 100 Prozent in Staatsanleihen angelegt. Die grössten drei Länder sind Frankreich (21,5 Prozent), Italien (17,9 Prozent) und Deutschland (14,5 Prozent).

Mögliche Beispiele ältere Anleger:

Name Kosten Fokus Asset under Management

Zusammensetzung

iShares Swiss Dividend ETF (CH) 0,15% Dividenden-Aktien Schweiz 4,5 Mia. CHF

99,9 Prozent aus Schweizer Dividenden-Aktien (15,6% Novartis, 14,8% Nestlé, 14,7% Zurich, 13,6% Roche, 9,7% Swiss Re)

SPDR Bloomberg Euro Governement Bond UCITS ETF 0,07% Staatsanleihen Europa 1,1 Mia. CHF

100% Staatsanleihen aus Europa (21,5% Frankreich, 17,9% Italien, 14,5% Italien) mit einer durchschnittlichen Laufzeit von 7,1 Jahren und einer Dividendenrendite von 1,82%.

Quelle: Morningstar

«Weniger ist mehr»

Angesichts der schieren Produkteflut kann es für Anlegerinnen und Anleger schwierig sein, den richtigen ETF zu finden. Gemäss aktuellen Zahlen wurden bis Ende 2023 weltweit fast 10'300 ETFs gelistet.

Um ein möglichst diversifiziertes Portfolio zu erhalten, kann man dieses aus mehreren ETFs zusammenstellen. Meist ist dies eine Mischung aus Aktien-ETFs, Obligationen-ETFs und ETFs zu alternativen Anlagen wie Gold, Rohstoffe, Immobilien, aber auch Kryptowährungen oder Private Equity, sagt Clara Creitz

Sie führt ein Beispiel an: «Wenn der Anlagehorizont zehn Jahre oder mehr beträgt, dann wählt man primär ETFs aus Aktien oder alternativen Anlagen, bei einer Dauer von ein und drei Jahren Obligationen-ETFs und bei Zielen, die zwischen drei bis zehn Jahren liegen, eine ETF-Mischung aus Aktien, Obligationen und alternativen Anlagen.»

Wie viele ETFs man in seinem Portfolio halten sollte, hängt von der individuellen Asset Allocation ab, erklärt Finanzplaner Iwan Brot. Für ihn gilt jedoch die Devise: «Weniger ist mehr.»

Monique Misteli
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