Die 27 EU-Regierungschefs haben sich auf ihrem informellen Gipfel in Kopenhagen wie erwartet noch nicht auf den Aufbau eines sogenannten Drohnenwalls und die Nutzung des eingefrorenen russischen Vermögens für die Ukraine einigen können. Man habe dies diskutiert, teilte EU-Ratspräsident Antonio Costa am Mittwochabend auf der Plattform X mit. «Wir werden diese Diskussion auf unserer nächsten Tagung des Europäischen Rates im Oktober fortsetzen.» Es ändere sich aber nichts daran, dass die EU fest an der Seite der Ukraine stehe.
Der informelle EU-Gipfel wurde nach mehrstündiger Beratung beendet, weil die 27 Staats- und Regierungschefs am Abend zu einem Essen beim dänischen Königshaus eingeladen waren. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico war wegen einer Erkrankung nicht angereist. Am Donnerstag wollen sich die 47 Staaten der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Kopenhagen treffen - dann auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Die Beratungen der EU-27 in Kopenhagen kreisten zunächst um die Frage, ob die EU-Staaten einen gemeinsame Drohnenabwehr gegen russische Angriffe aufbauen sollten. Dabei blieb offen, welche Rolle die EU bei der Finanzierung und Planung spielen soll. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verwies zudem darauf, dass bei aller Berechtigung für einen Schutz Osteuropas auch an die Verteidigung der Südgrenze der EU gedacht werden müsse.
Deutschland, Frankreich und Polen hatten Gastgeber Dänemark militärische Hilfe für die Absicherung des Gipfels geleistet. Hintergrund sind die zahlreichen Drohnenüberflüge über dänische Flughäfen, aber auch über kritischer Infrastruktur in Norddeutschland in den vergangenen Tagen. Dahinter wird Russland vermutet.
Skandinavier offen für Nutzung russischen Geldes
Bereits in den Statements vor dem Gipfel war es aber auch um einen Vorschlag der EU-Kommission und von Kanzler Friedrich Merz gegangen, der Ukraine 140 Milliarden Euro durch die indirekte Nutzung der eingefrorenen russischen Staatsvermögen in der EU zur Verfügung zu stellen. Die Kommission suche dafür nach einer rechtlichen Lösung, sagte Finnlands Ministerpräsident Petteri Orpo. «Meiner Meinung nach wäre es eine gute Lösung, dieses Geld auch für den Kauf von Waffen aus Europa zu verwenden.»
Auch die Ministerpräsidenten Schwedens, Estlands und der Niederlande stellten sich hinter die Merz-Pläne. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der belgische Ministerpräsident Bart De Wever äusserten sich dagegen zurückhaltend.
Seit Jahren wird diskutiert, ob man die rund 200 Milliarden Euro russischen Staatsvermögens, die in Belgien bei dem Unternehmen Euroclear lagern, für die Ukraine nutzen sollte. Merz hatte vergangene Woche vorgeschlagen, der Ukraine 140 Milliarden Euro an zinslosen Darlehen zur Verfügung zu stellen. Um eine Enteignung zu vermeiden, sollen mit dem Geld EU-Anleihen gekauft werden, die von der Ukraine bei der Zahlung russischer Reparationen nach einem Kriegsende beglichen werden sollen. Die EU-Regierungen sollen diese Anleihen durch Garantien absichern.
«Wenn Vermögen eingefroren ist, muss man internationales Recht achten. Darauf hat auch der belgische Ministerpräsident hingewiesen», sagte Macron allerdings vor Beginn des Gipfels. Die russische Führung warnte, jede beteiligte Person und jedes Land zur Rechenschaft zu ziehen, die den Plan stützten. «Wir sprechen hier über Pläne zur illegalen Beschlagnahmung von russischem Eigentum. Auf Russisch nennen wir das einfach Diebstahl», sagte der Sprecher des russischen Präsidialamts, Dmitri Peskow, in Moskau. Ein solcher Schritt werde zudem auf die europäischen Finanzanlagen und Investitionen zurückschlagen.
Merz und die EU-Kommission hatten indes betont, dass es sich nicht um Enteignung handele. Ähnliche Drohungen aus Moskau hatte es auch bereits gegeben, als die G7-Staaten beschlossen, die Erträge aus dem eingefrorenen russischen Vermögen für die Absicherung eines Kredits an die Ukraine in Höhe von 50 Milliarden Euro zu verwenden. Russland hat die Ukraine im Februar 2022 überfallen und hält rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt.
Merz hatte vor den vierstündigen Verhandlungen aber auch den Abbau der Bürokratie in der EU angemahnt. «Es kann mit dieser Regulierungsdichte aus Europa, aus der Europäischen Union, so nicht weitergehen. Es ist einfach zu viel», sagte Merz vor dem Abflug nach Kopenhagen. Das Bundeskabinett hatte zuvor eine Modernisierungsagenda beschlossen, die einen Abbau der bürokratischen Lasten in Deutschland um 25 Prozent vorsieht.
(Reuters)
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Die Nutzung des russischen Vermôgens wäre Diebstahl. Dies würde der Welt zeigen, dass der EU nicht getraut werden kann. Sämtliche Institutionen würden Ihre Gelder aus der EU abziehen und eine EU-Pleite wäre die Folge.