Bis Ende Jahr will die EU-Kommission voraussichtlich entscheiden, ob sie das Schweizer Datenschutzgesetz als gleichwertig angesehen wird.

Das Stichworte Äquivalenz dürften unangenehme Erinnerungen hervorrufen: Im Sommer 2019 hatte nämlich die EU-Kommission wegen mangelnden Fortschritts bei den Gesprächen zum institutionellen Rahmenabkommen die Gleichwertigkeit der Schweizer Börse SIX verweigert. Eine technische Beurteilung wurde damit von Brüssel als politisches Druckmittel eingesetzt.

Zwar hat sich inzwischen das Verhältnis Schweiz-EU wieder verbessert, gleichzeitig aber ist bekannt, dass Brüssel gerne schneller vorwärts machen möchte.

Der bei der EU-Kommission für das Schweiz-Dossier verantwortliche Vizepräsident, Maros Sefcovic, wird jedenfalls nicht müde bei jeder Gelegenheit zu betonen, dass die EU-Kommission gerne das Abkommenspaket, über das aktuell diskutiert wird, bis Ende ihres Mandates im Herbst 2024 fertig verhandelt haben möchte.

Diesen Zeitplan einzuhalten, dürfte jedoch schwierig werden. Denn der Bundesrat will erst Ende Jahr ein Verhandlungsmandat präsentieren.

Bund erwartet positiven Entscheid

Das Bundesamt für Justiz (BJ) jedenfalls geht auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA von einer positiven Bewertung durch Brüssel aus: «Bis jetzt hat die EU keine Verbindung zu den bilateralen Verträgen oder den institutionellen Fragen hergestellt.»

Auch beim Datenschutzniveau dürfte es keine Probleme geben. Neben der Annäherung des Schweizer Datenschutzgesetzes an jenes der EU werde die Schweiz zudem «bald das Übereinkommen 108+ des Europarats ratifizieren, was von der EU Kommission positiv bewertet wird», schrieb das BJ weiter. Dieses Übereinkommen regelt den Schutz und den grenzüberschreitenden Austausch personenbezogener Daten.

Seitens des BJ heisst es, man habe «verschiedene Kontakte mit der EU-Kommission» gehabt und «keine Signale erhalten», dass die Gleichwertigkeit in Frage gestellt werden könnte.

Die EU-Kommission ihrerseits will sich auf Anfrage aktuell nicht dazu äussern. Sie schrieb lediglich, die erfolgte Reform des Schweizer Datenschutzgesetzes sei ein wichtiger Schritt.

Es gibt jedoch eine Aussage von EU-Justizkommissar Didiers Reynders an einer Medienkonferenz aus dem Jahre 2020, in der er für die Schweiz eine Verknüpfung der Datenschutz-Äquivalenz mit anderen Dossiers verneinte: «Eine Verknüpfung zwischen dem Rahmenabkommen und den Entscheidungen im Bereich Äquivalenz darf so allgemein nicht gemacht werden.»

Verzögerung in der EU

Bereits 2020 wollte die EU-Kommission eigentlich die Datenschutzregeln jener Drittstaaten - inklusive der Schweiz - neu beurteilen, die bereits eine Äquivalenz-Anerkennung haben. Grund dafür ist die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die seit Mai 2016 in Kraft ist und nach einer Übergangsfrist seit Mai 2018 in allen EU-Staaten gilt.

Doch der österreichische Jurist und Datenschutzaktivist Max Schrems machte Brüssel einen Strich durch die Rechnung: Der Salzburger intervenierte zwei Mal beim EU-Gerichtshof (EuGH) gegen Datenschutzvereinbarungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten - und erhielt zwei Mal Recht.

Da die Brüsseler Behörde die beiden EuGH-Urteile abwarten wollte, verzögerten sich auch die Äquivalenz-Überprüfungen. Denn die Entscheidungen des EU-Gerichts sollten gleich in die Drittstaaten-Beurteilung einfliessen.

Seit 2000 wird der Schweizer Datenschutz von der EU als gleichwertig angeschaut. Solange aktuell noch kein neuer Äquivalenz-Entscheid der EU-Kommission vorliegt, gilt das geltende Datenschutzgesetz der Schweiz als gleichwertig.

(AWP)