Die Europäische Zentralbank (EZB) arbeite unter dieser Annahme, sagte EZB-Direktor Piero Cipollone, Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der Euro-Notenbank, am Donnerstag im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des EU-Parlaments in Brüssel. Dann müsse vor der Einführung der Digitalwährung die Infrastruktur eingerichtet und zum Laufen gebracht werden. «Das würde zusammen zwischen zweieinhalb und drei Jahren dauern.»

Bei den EU-Abgeordneten warb Cipollone unter anderem damit für den digitalen Euro, dass dieser in Europa auch in Krisenzeiten eine weitere Bezahlmöglichkeit wäre. «Zahlungsalternativen zu haben, würde uns widerstandsfähiger gegen Krisen machen», sagte er. Derzeit stellten Anbieter aus Nicht-EU-Ländern das Herzstück des digitalen Zahlungssystems bereit. «Rasch und unabhängig zu handeln, insbesondere in Krisenzeiten, wäre also vermutlich nur eingeschränkt möglich.» Aktuell sei Bargeld die einzige echte Notfalllösung. Dann könne es aber sein, dass die entsprechende Infrastruktur ausfalle und die Menschen vom Zugriff auf Bargeld abgeschnitten seien.

Der digitale Euro soll das Euro-Bargeld, also Banknoten und Münzen, in der 20-Länder-Gemeinschaft ergänzen und nicht ersetzen. Er soll überall im Euro-Raum als Zahlungsmittel akzeptiert werden und über eine EZB-App nutzbar sein. Damit soll Europa im Zahlungsverkehr unabhängiger werden von US-Anbietern wie Paypal, Apple Pay, Mastercard oder Visa. Zudem soll verhindert werden, dass angesichts des zunehmenden Rückgangs der Bargeldnutzung der digitale Zahlungsverkehr ganz dem privaten Sektor überlassen wird. Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz hatte vergangene Woche in einer Rede die Einschätzung geäussert, mit einer schrittweisen Einführung des digitalen Euro sei nicht vor 2028 zu rechnen.

Die EU-Kommission hatte im Juni 2023 ihren Gesetzesvorschlag für einen digitalen Euro vorgelegt. Danach hatte die EU-Wahl 2024 die Arbeiten des EU-Parlaments am digitalen Euro verzögert. Viel ist seitdem noch nicht passiert. Ursprünglich war erwartet worden, dass die nötige EU-Gesetzesgrundlage für den digitalen Euro bis diesen Herbst steht. Einige EU-Abgeordnete entschuldigten sich bei Cipollone für die Verzögerung.

Doch es gibt auch Skeptiker. Fernando Navarrete Rojas, ein Mitte-Rechts-Abgeordneter der spanischen Volkspartei im EU-Parlament, der für die Erstellung eines Berichts zum digitalen Euro zuständig ist, hat Bedenken. «Anstatt ein gezieltes Heilmittel zu sein, läuft der digitale Euro Gefahr, zu einer Lösung auf der Suche nach einem Problem zu werden», erklärte er in einem kürzlich veröffentlichten Meinungsbeitrag. Er sei für einen digitalen Euro als «Plan B» nur offen, wenn keine privatwirtschaftliche Initiative entstehe und unter anderem Sicherheitsvorkehrungen in Bezug auf Finanzstabilität und Datenschutz getroffen würden. Sein Bericht zum digitalen Euro soll die Grundlage für die Parlamentsdebatte bilden.

(Reuters)