Das Ende der langanhaltenden Niedrigzinsphase habe die Risiko-Landschaft geändert und das weltweit, teilte der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) am Donnerstag mit. Die vollen Auswirkungen des starken Zinsanstiegs würden erst im Laufe der Zeit zu spüren sein. Zudem hätten die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor in den USA und in der Schweiz die Unsicherheiten verstärkt. Auch die Sicht des Finanzmarkts auf Banken habe sich dadurch geändert. Dies gelte für ihr Engagement in langfristige Anleihen, die Stabilität der Einlagenfinanzierung und die Möglichkeit eines raschen Abflusses von unversicherten Einlagen.

Aus Sicht der Risikowächter ist der Bankensektor in der EU zwar gut gerüstet, um mit dem neuen Risikoumfeld zurechtzukommen. Allerdings könnten laut ESRB mehrere Faktoren die Aussichten für die Branche eintrüben. So könnte die Konjunkturschwäche dazu führen, dass sich die Qualität von Vermögenswerten verschlechtere, warnten die Risikowächter. Auch führten steigende Finanzierungskosten dazu, dass die Nettozinserträge der Banken sinken. Dazu komme, dass eine rückläufige Nachfrage nach Darlehen wahrscheinlich zu einem Rückgang des Kreditvolumens führen werde.

Der ESRB geht zudem davon aus, dass die Korrektur auf den Märkten für Wohnimmobilien wahrscheinlich stärker um sich greifen wird. Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) hatte im April vorhergesagt, dass angesichts der steigenden Leitzinsen und der hohen Inflation der deutsche Wohnungsmarkt im laufenden Jahr weiter nachgeben werde. Für Gewerbeimmobilien sind den EU-Risikowächtern zufolge die Aussichten trübe. Die Investitionen in dem Sektor seien angesichts einer sich verschlechternden Stimmung in der Wirtschaft, mauer Gewinnaussichten, steigender Finanzierungskosten und strengerer Kreditstandards weiter gesunken.

Der ESRB wurde 2010 als Reaktion auf die Finanzkrise gegründet. Als eine Art Frühwarnsystem sollen die Risikowächter auf Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems in der EU hinweisen. Dabei sprechen sie unter anderem Empfehlungen für die Politik aus.

(Reuters)