Behörden in der EU sowie in den Ländern müssten ihre Überwachung der systemischen Gefahren verbessern, die vom Gewerbeimmobilien-Markt ausgingen, teilte der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) am Mittwoch mit. Die Anfälligkeiten unterschieden sich von Land zu Land. EU-Behörden und nationale Behörden müssten sicherstellen, dass die Finanzierungspraktiken in der Branche solide und die Finanzinstitute robust seien. Laut ESRB deckt die Bewertung der Schwachstellen in dem Sektor vor allem Entwicklungen bis Mitte 2022 ab. Einbezogen waren alle EU-Länder sowie Island, Liechtenstein und Norwegen.

Nach Einschätzung der Risikowächter ist der Sektor momentan unter anderem anfällig für Gefahren, die sich aus der hohen Inflation und Lieferengpässen ergeben. Dadurch seien unter anderem die Baukosten gestiegen. Dazu kämen im Zuge der steigenden Zinsen sich verschärfende Finanzierungsbedingungen, was die Umschuldung bestehender Verbindlichkeiten und die Aufnahme neuer Kredite erschwere. Mit steigenden Bau- und Finanzierungskosten sinke aber die geschätzte Profitabilität neuer Projekte, was zu mehr Pleiten führen könne.

Tiefere Einnahmen und höhere Refinanzierungskosten

Mit den höheren Zinsen verringerten sich auch die Einnahmen von Gewerbeimmobilienfirmen und der Wert ihrer Immobilen. Damit werde aber ihr Spielraum zur Refinanzierung bestehender Schulden und zur Aufnahme neuer Kredite deutlich kleiner. Einige Investoren könnten gezwungen sein, Immobilien zu verkaufen, um fällige Schulden zu bedienen.

Die Folge wäre noch mehr Abwärtsdruck auf die Preise mit negativen Auswirkungen für die Finanzstabilität, warnen die Risikowächter. Auch die schwächeren Konjunkturaussichten nach dem Start des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine trügen zu den Verwundbarkeiten bei. Die Corona-Pandemie habe darüber hinaus die Nachfrage nach Flexibilität bei der Anmietung von Büroräumen beschleunigt, da sich Remote- und Hybrid-Arbeitsmodelle immer mehr ausbreiteten.

(Reuters)