So mancher Marktbeobachter und Analyst staunte nicht schlecht, als Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank, während der Medienkonferenz nach der geldpolitischen Sitzung der SNB am 14. Dezember erklärte, dass die SNB auf weitere Devisenverkäufe verzichten werde. Der überraschende Part war dabei nicht der klaren Richtungswechsel in der Geldpolitik. Jordan hat dabei nämlich etwas gemacht, was er sonst nie tut: Er ist vom Redetext der Medienmitteilung abgewichen.

Die erste Reaktion an den Märkten war damit vorgegeben: Der Franken verlor sowohl zum Dollar wie zum Euro über die nächsten zwei Handelstage rund ein Prozent an Wert. Um so erstaunlicher kam dann für viele Strategen, dass der Franken hernach wieder stärker wurde. Auf Monatsfrist legte der Franken gegenüber den G10-Länderwährungen US-Dollar (+3,13 Prozent), Britisches Pfund (+2,45 Prozent), Dänische Krone (+2,26 Prozent) und Euro (+2,23 Prozent) zu. Zum australischen, kanadischen und neuseeländischen Dollar notiert der Franken leicht tiefer mit Abschlägen von 0,40 bis 0,60 Prozent, während er auf der anderen Seite zum japanischen Yen (-0,95 Prozent), schwedische Krone (-1,19 Prozent) und norwegische Krone (+1,51 Prozent) nachgab.

Dollar zeigt sich von seiner schwachen Seite

Die Schwäche des Dollars zum Franken hat gemäss Währungsstrategen seine Logik. Während die SNB die Leitzinsen im Dezember bei 1,75 Prozent unverändert belassen und keine Zinssenkung bis Ende 2024 signalisiert hat, deutete auf der anderen Seite Jerome Powell, Chef der amerikanischen Notenbank Fed Mitte Dezember an, dass die US-Währungshüter ab dem 3. Quartal 2024 drei Zinssenkungen vornehmen dürfte. Entsprechend hat der Wind an den US-Zinsmärkten gedreht, die Renditen für 10-jährige Staatsanleihen sind im Rekordtempo von 5,20 auf unter 4 Prozent gefallen.

Kritische Kommentatoren meinen denn auch, dass die von Powell in Aussicht gestellte Zinssenkung derzeit fundamental noch nicht gerechtfertigt sei. Diese Strategen verstehen es vielmehr als politisches Signal, da im kommenden Jahr in den USA Präsidentschaftswahlen stattfinden. Kein Wunder herrscht nun am Markt bereits die Erwartung vor, dass die amerikanische Notenbank Fed bereits im März eine erste Leitzinssenkung vornehmen wird, während die Schweizerische Nationalbank gemäss Markterwartung erst gegen Ende des nächsten Jahres eine erste Zinssenkung vornehmen dürfte. Und senkt die Fed die Zinsen, so dürfte die Europäische Notenbank im Schlepptau der Amerikaner ebenfalls zu Zinssenkungen schreiten. 

Euro-Bullen in der Mehrzahl

Zu beobachten ist, dass einige Währungsstrategen für den Schweizer Franken jüngst vorsichtigere Ton angeschlagen haben oder gar Käufe von Euro gegen Franken empfahlen. Société Générale setzte mittels Optionsstrategie auf einen Kursanstieg bis zur Parität, ING Bank sah kurzfristig ein Kursziel von 0,9650 Franken pro Euro und selbst die UBS bevorzugte eine Longposition auf dem Euro zum Franken - allerdings mit wenig Überzeugung. Generell sind denn auch die Euro-Bullen in der Überzahl: Gemäss Bloomberg-Umfrage sieht die grosse Mehrzahl der Devisenstrategen den Franken zum Euro Ende 2024 bei 0,99 Franken knapp unter der Parität notieren.

Neben Goldman Sachs schert nun aber auch die Bank of America (BofA) aus und hält es für verfrüht, auf einen fallenden Franken zu setzen. Kamal Sharma, Direktor der G10-Devisenstrategie, erklärte gegenüber Bloomberg kurz vor Weihnachten, dass die SNB weiterhin die Flexibilität hat, Schweizer Franken zu kaufen, wenn eine allfällige Frankenschwäche Inflationsrisiken birgt. Er erwartet zwar, dass der Franken im nächsten Jahr leicht schwächer werden könnte. Er warnte aber andererseits, zu negativ zu sein, da die SNB weiterhin bereit ist, bei Bedarf Devisen zu verkaufen.

Seit Oktober haben Anleger laut Commodity Futures Trading Commission Short-Positionen im Franken aufgebaut, die nahe dem höchsten Stand seit Mai letzten Jahres liegen. Sharma von BofA sagte dazu, dass der Carrytrade - sprich Ausspielen der positiven Zinsdifferenz des Euros zum Franken - ein "falscher Grund“ für eine Short-Position des Franken zum Euro sei, da die Schweizer Währung 2023 die stärkste G10-Währung war - auch wenn die Schweizer Zinssätze weit hinter anderen wichtigen Währungen zurückgeblieben sind. Der Franken hat gegenüber allen Währungen G10-Währungen in diesem Jahr zugelegt. Der stärkste Anstieg war gegenüber dem japanischen Yen mit einem Plus von 17,2 Prozent.

Statt auf eine Frankenschwäche zu setzen, bleibt der Stratege von BofA bei seiner vorsichtigen Haltung. "Die Notwendigkeit der SNB ihre massive Bilanz zu verwalten, wird weiterhin ein wichtigerer Faktor für den Franken sein. Es ermöglicht der SNB, den Wechselkurs relativ stabil in einer Warteschleife zu halten“. Die SNB habe dabei alle Zeit der Welt zu beobachten, wie sich die Inflationsdynamik in den kommenden Monaten entwickelt.

Thomas Daniel Marti
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