Die Europäer forderten einen Waffenstillstand vor allen weiteren Schritten, berichtete das «Wall Street Journal» am Samstag nach Unterredungen von Vertretern der Ukraine und weiterer Staaten in Grossbritannien. Zudem müsse jeglicher Gebietsaustausch auf Gegenseitigkeit beruhen. Ferner müsse es Sicherheitsgarantien geben.

Ein Insider aus Kreisen europäischer Staaten bestätigte, dass es einen Gegenvorschlag gebe, äusserte sich aber nicht zu Details. Ein Reporter des Nachrichtenportals «Axios» zitierte einen US-Vertreter mit den Worten: «Die heutigen stundenlangen Treffen haben erhebliche Fortschritte zu Präsident Trumps Ziel gebracht, den Krieg in der Ukraine zu beenden.»

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete das Treffen als konstruktiv. «Alle unsere Argumente wurden gehört», sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Die Ukraine habe sich mit Vertretern von Grossbritannien, den USA, Frankreich, Deutschland, Italien, Finnland und Polen abgestimmt. «Der Weg zum Frieden für die Ukraine sollte gemeinsam und nur gemeinsam mit der Ukraine bestimmt werden, das ist das entscheidende Prinzip», bekräftigte Selenskyj. Zu dem Treffen hatten der britische Aussenminister David Lammy und US-Vizepräsident JD Vance geladen.

Der britische Premierminister Keir Starmer und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüssten britischen Angaben zufolge Trumps Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Krieges. Zugleich bekräftigen sie ihre uneingeschränkte Unterstützung für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und für einen gerechten und dauerhaften Frieden, wie Starmers Büro nach einem Gespräch der beiden Politiker mitteilte. Starmer und Macron hätten zudem erörtert, wie sie in den kommenden Tagen weiter eng mit Trump und Selenskyj zusammenarbeiten könnten.

Trump und Putin haben für den 15. August ein Gipfeltreffen in Alaska vereinbart. Der US-Präsident will dann ein Friedensabkommen besiegeln, das Gebietsabtretungen der Ukraine vorsieht. Selenskyj lehnt dies kategorisch ab. Die Ukrainer würden kein Land den Besatzern überlassen, erklärte Selenskyj. Eine Mehrzahl europäischer Staaten hat sich entschieden auf die Seite der Ukraine gestellt und einen Diktatfrieden ohne Beteiligung der Regierung in Kiew abgelehnt. Auch die Bundesregierung pochte bislang darauf, dass es nicht zu Vereinbarungen über den Kopf der ukrainischen Regierung hinweg kommen dürfe.

«Es wird einen Tausch von Territorien geben, der für beide Seiten von Vorteil ist», hatte Trump am Freitag gesagt. Nach seinen Worten stehen die Ukraine und Russland kurz vor einer Waffenstillstandsvereinbarung. Russland bestätigte das Gipfeltreffen von Trump mit Putin, machte aber keine Angaben zu einem möglichen Abkommen zur Beendigung der Kämpfe. Beide Präsidenten würden sich darauf konzentrieren, Optionen für eine «langfristige friedliche Lösung der Ukraine-Krise» zu erörtern, erklärte Putins aussenpolitischer Berater Juri Uschakow in Moskau.

Putin, der 2022 den Überfall auf das Nachbarland befahl, beansprucht die ukrainischen Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson sowie die bereits 2014 annektierte Halbinsel Krim. Die Nachrichtenagentur Bloomberg News hatte berichtet, amerikanische und russische Unterhändler arbeiteten an einem Abkommen, das die russischen Eroberungen festschreiben soll. Ein Mitarbeiter des Weissen Hauses bezeichnete die Bloomberg-Meldung als Spekulation. Ein Sprecher des Kremls reagierte zunächst nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme.

Seit seiner Rückkehr ins Weisse Haus im Januar ist Trump bemüht, die Beziehungen zu Russland zu verbessern und den Krieg zu beenden. Wegen Putins Weigerung, die Offensive zu stoppen, hatte Trump mit Sanktionen gedroht. Demnach sollten von Freitag an US-Zölle gegen Länder verhängt werden, die russisches Öl kaufen und damit indirekt zur Finanzierung des russischen Militärs beitragen. Bis Freitagabend war jedoch unklar, ob diese Sanktionen in Kraft treten, verschoben oder aufgehoben werden.

(Reuters)