Den Vorwurf der Vergewaltigung wies die Jury zurück. Sie sprach Carroll fünf Millionen Dollar Schadensersatz wegen Körperverletzung und Verleumdung zu.

Das Kampagnen-Team von Trump kündigte an, der Schuldspruch werde angefochten. Trump selber teilte mit, das Urteil sei eine Schande. Experten rechnen nicht damit, dass sich die Verurteilung negativ auf die Popularität Trumps unter seinen Anhängern auswirken wird. Der Republikaner will kommendes Jahr bei der Präsidentenwahl antreten.

Die heute 79-jährige Carroll hatte dem damaligen Präsidenten Trump 2019 öffentlich vorgeworfen, sie Ende 1995 oder Anfang 1996 im New Yorker Luxuskaufhaus Bergdorf Goodman in einer Umkleidekabine vergewaltigt zu haben. In einem Beitrag auf seiner Plattform "Truth Social" hatte Trump den Vergewaltigungsvorwurf unter anderem als Schwindel und Lüge bezeichnet.

Carroll sagte aus, sie habe Trump bei Bergdorf's helfen wollen, ein Geschenk für eine andere Frau auszusuchen. Sie hätten sich Dessous angesehen. Danach habe Trump sie in eine Umkleidekabine gelockt, ihren Kopf gegen die Wand gestossen und sie vergewaltigt. Carroll sagte, sie könne sich nicht an das genaue Datum oder Jahr erinnern. Zwei von Carrolls Freunden bestätigten, sie habe ihnen damals von der Vergewaltigung erzählt, sie aber zur Verschwiegenheit verpflichtet. Carroll erklärte, sie habe sich 2017 entschlossen, ihr Schweigen zu brechen. Grund seien Berichte über sexuelle Übergriffe des Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein. Damals gingen viele Frauen mit Berichten über ähnliche Erfahrungen an die Öffentlichkeit.

In dem Prozess sagten zwei weitere Frauen aus, die Trump sexuelle Übergriffe vorwarfen. Die damalige Reporterin der Zeitschrift People, Natasha Stoynoff, berichtete, Trump habe sie 2005 in seinem Club Mar-a-Lago in Florida in die Enge getrieben und sie einige Minuten lang gegen ihren Willen geküsst. Eine andere Frau, Jessica Leeds, sagte aus, dass Trump sie auf einem Flug 1979 geküsst, betatscht und seine Hand unter ihren Rock geschoben habe. Die Geschworenen hörten auch Ausschnitte aus einem 2005 aufgenommenen Video, in dem Trump sagt, Frauen liessen sich von ihm "an die Muschi fassen".

Trump, der während des gesamtes Prozesses nicht vor Gericht erschienen war, hatte behauptet, Carroll habe die Anschuldigungen erfunden, um den Verkauf ihrer Memoiren zu fördern. Auch hatte er erklärt, er könne Carroll nicht vergewaltigt haben, weil sie nicht "sein Typ" sei. In e-Mails zum Einwerben von Wahlkampfspenden hatte er den Prozess als Beweis für ein Komplott der Demokraten bezeichnet, um ihm zu schaden.

In der polarisiertem amerikanischen Gesellschaft erscheint es unwahrscheinlich, dass das zivilrechtliche Urteil Auswirkungen auf Trumps Anhängerschaft haben wird. Sie sehen die juristischen Auseinandersetzungen ihres Vorbilds als Kampagne seiner Gegner. "Die Trump-Gegner werden dabei bleiben, die Trump-Befürworter werden sich nicht ändern, und die ambivalenten Wähler werden sich von solchen Dingen nicht beeindrucken lassen", sagte der republikanische Wahlkampfstratege Charlie Gerow.

(Reuters)