Der frühere Wirecard-Chef Markus Braun hat die Unregelmässigkeiten im Asien-Geschäft des Zahlungsabwicklers nach eigenen Angaben lange nur für Schlamperei gehalten. Der Hauptangeklagte im Wirecard-Betrugsprozess sagte am Donnerstag vor dem Landgericht München, er sei lediglich von "massiven Dokumentationsschwächen" ausgegangen.

"Ich war überzeugt, dass die Bilanzen richtig sind." Der Dax-Konzern hatte im Juni 2020 Insolvenz angemeldet. Damals hatte Braun eingeräumt, dass auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Milliarden Euro fehlten.

Braun bekräftigte vor Gericht seine Sicht, dass es das Geld tatsächlich gegeben habe und es nur abgezweigt worden sei. "Man müsste einmal sauber ermitteln, was ist davon wieder holbar", sagte der Ex-Vorstandschef. Er forderte dafür "eine saubere forensische Untersuchung" der Staatsanwaltschaft.

Die fehlenden Milliarden seien keineswegs erfunden worden, wie es der mitangeklagte Kronzeuge Oliver Bellenhaus dargestellt hatte. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Managern und einem dritten Angeklagten Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Untreue und Bandenbetrug vor.

In den Monaten vor dem Zusammenbruch hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Wirecard durchleuchtet, um die Ungereimtheiten aufzuklären. Für das Asien-Geschäft war Vorstand Jan Marsalek zuständig. Er ist untergetaucht und wird international gesucht. Braun sagte, er habe damals angenommen, dass sich die Ungereimtheiten mit Marsaleks Hilfe aufklären liessen.

Er habe den Eindruck gehabt, dass dieser nach anfänglichem Widerstreben "extrem bemüht" gewesen sei, die Vorgaben der KPMG-Prüfer zu erfüllen. "Was ihm vorzuwerfen war, ist, eben nicht eine Strukturanpassung vorzunehmen, die eine solche Situation vermeidet." Deswegen habe er Marsalek nach der Untersuchung ablösen lassen wollen. Mit dem Aufsichtsrat habe er bereits über konkrete externe Nachfolgekandidaten gesprochen.

Noch während der laufenden KPMG-Untersuchung hatte Wirecard erklärt, es seien keine Belege für Bilanzmanipulation gefunden worden. Braun verteidigte am Donnerstag seine Entscheidung, die entsprechende Mitteilung zu veröffentlichen. Weder KPMG noch der Aufsichtsrat hätten dem widersprochen.

Braun wies den Vorhalt von Richter Markus Födisch zurück, er habe in der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft gestanden, mit der Veröffentlichung eine Straftat begangen zu haben. Richtig sei: "Ich hatte damals keine Kenntnisse, dass falsche Bilanzen veröffentlicht wurden."

(Reuters)