Wer bei der Credit Suisse auf einen radikalen strategischen Befreiungsschlag gehofft hatte, der wird enttäuscht: Unter ihrem neuen Chef Tidjane Thiam wartet die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken zwar mit einer neuen Organisationsstruktur, einem milliardenschweren Sparpaket sowie einer Kapitalerhöhung im Umfang von etwas mehr als 6 Milliarden Franken auf. Ausserdem wird die Geschäftsleitung auf den Kopf gestellt.

Der in Anbetracht aller dieser Neuerungen etwas in den Hintergrund rückende Zahlenkranz für das dritte Quartal des Geschäftsjahres 2015 zeigt allerdings: Die Massnahmen sind auch notwendig.

Nicht nur beim Geschäftsertrag, auch beim Vorsteuergewinn werden die Analystenerwartungen teilweise klar verfehlt. Einzig das Konzernergebnis fällt deutlich besser aus. Allerdings haben Einmalfaktoren es künstlich aufgebläht.

An der Schweizer Börse SIX wird die CS-Aktie mit einem Minus von bis zu 6 Prozent abgestraft. Aus dem Berufshandel ist denn auch von einem erbitterten Kampf der verschiedenen Marktlager zu hören.

Zahlenkranz offenbart Handlungsbedarf

Der für die Zürcher Kantonalbank tätige Analyst findet in einem Kommentar keine guten Worte. Der Vorsteuergewinn sei deutlich unter den Markterwartungen ausgefallen, so schreibt er. Das gelte insbesondere für den Bereich Wealth Management. Zwar sei die Bruttomarge um 2 auf 100 Basispunkte gestiegen, was sich jedoch mit den in Folge von Vermögensverschiebungen stark geschrumpften Kundenvermögen erklären lasse. Zudem hätten nicht näher definierte Rückstellungen für Rechtsrisiken zu einer deutlich schlechter als erwarteten Reingewinnmarge geführt.

Als einzigen Lichtblick bezeichnet bezeichnet der Autor des Kommentars die Nettoneugeldentwicklung. Diese sei trotz Asienkrise in allen wichtigen Segmenten gut ausgefallen. Allerdings gibt der Analyst zu bedenken, dass der neuen strategischen Ausrichtung mehr Gewicht als dem Quartalsergebnis beigemessen wird. Das Anlageurteil "Marktgewichten" wird bei der Zürcher Kantonalbank "in Revision" gesetzt. Allerdings lässt der Analyst es bislang offen, ob er die Aktie herauf- oder herunterstufen wird.

Nur wenige nicht schon bekannte Neuerungen

Auch der für die Bank Vontobel tätige Berufskollege bezeichnet das Quartalsergebnis als insgesamt schwach. Besorgt zeigt er sich insbesondere von den Verlusten im Investment Banking. Auch der Ausblick falle eher vorsichtig aus.

Was die neue Strategie anbetrifft, scheint diese den Analysten nicht sonderlich zu beeindrucken. Der teilweise Börsengang der Schweizer Universalbank sei die einzige neue Nachricht. Ausserdem liege das Bezugsrechtsangebot am unteren Ende des erwarteten Bereichs. Ein Grossteil der angekündigten Schritte entspreche im Allgemeinen den bankeigenen Prognosen, so lässt er die Leser eines Kommentars wissen. Der Experte hält vorerst am "Hold" lautenden Anlageurteil sowie am Kursziel von 27,50 Franken fest.

Ähnlich äussert sich der für J.P. Morgan tätige Experte. Er hält die strategischen Initiativen für zu sehr auf die Ertragsentwicklung ausgerichtet und vermisst konkrete Kostensenkungsmassnahmen. Von den bislang bekannten Informationen rund um die Kapitalerhöhung leitet man bei der amerikanischen Grossbank eine Verwässerung von rund 15 Prozent für die bisherigen Aktionäre ab. Dass die geplanten Massnahmen zur Stärkung der Kapitalbasis nur eine Kapitalerhöhung von gut 6 Milliarden Franken vorsehen, wird hingegen positiv beurteilt.

Werden bedeutende Aktionäre bevorzugt?

Einzig bei J. Safra Sarasin wird die CS-Aktie von "Neutral" auf "Buy" hochgestuft. Nach der strategischen Neuausrichtung werde die Vorhersehbarkeit steigen. Ausserdem vereinfache die zukünftige Unternehmensstruktur die einzelnen Geschäftsleitungsmitglieder besser beurteilen zu können. Gefallen findet der verantwortliche Analyst jedoch vor allem am ambitiösen Kosteneinsparprogramm. Dieses werde sich positiv in der Gewinnentwicklung niederschlagen, so ist er sich sicher.

Händlern zufolge hatten sich einige Analysten bei der Credit Suisse auf einen radikaleren Umbau eingestellt. Auch wie die geplante Kapitalerhöhung strukturiert sei, werde kontrovers diskutiert. Die Grossbank müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, dass die bisherigen Grossaktionäre überraschend gut davon kämen.