Nachdem die Währungshüter die Leitzinsen die vierte Sitzung in Folge unverändert auf dem Rekordniveau von 4 Prozent beliessen, erläuterte Lagarde, dass die Verbraucherpreise definitiv langsamer ansteigen, dass sie und ihre Kollegen jedoch noch nicht «ausreichend sicher» seien, um jetzt schon mit der geldpolitischen Lockerung zu beginnen.

«Wir brauchen eindeutig mehr Beweise, mehr Details», fuhr Lagarde fort. «Wir wissen, dass diese Daten in den nächsten Monaten kommen werden. Im April werden wir ein wenig mehr wissen, aber im Juni werden wir viel mehr wissen.»

Trotz Zeichen, dürfen Lohne nicht ausarten

Wie Federal Reserve und Bank of England überlegt auch die EZB, wann sie Entwarnung geben und beginnen kann, die beispiellose Straffung der Geldpolitik zur Eindämmung der Inflation wieder zu lockern. Die Teuerung in der Eurozone nähert sich zwar dem Zielniveau. Die Währungshüter wollen jedoch vorschnelle Zinssenkungen vermeiden und erst sichergehen, dass die Lohnanstiege nicht ausufern.

In den jüngsten Projektionen des EZB-Stabs wurden die Inflationsschätzungen nach unten korrigiert, insbesondere für 2024. Grund ist vor allem ein niedrigerer Beitrag der Energiepreise. Für 2024 wird nun eine Teuerung von 2,3 Prozent erwartet, für 2025 2 Prozent und für 2026 1,9 Prozent.

Herabgesetzt wurde allerdings auch die Prognose für das Wachstum, das nun für 2024 nur noch bei 0,6 Prozent gesehen wird. Die aktualisierten Inflationsprognosen untermauern auch die Erwartungen der Anleger. Eingepreist wird an den Geldmärkten nun eine Zinssenkung um einen vollen Prozentpunkt im Jahr 2024. Vor der Sitzung waren es 93 Basispunkte gewesen. Der Euro notierte 0,02 Prozent fester bei 1,0946 Dollar. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sank 3 Basispunkte auf 2,29 Prozent.

«Wir fangen erst an zu diskutieren»

Während die EZB zuversichtlicher wird, dass die Inflation zurückgeht, ist man sich im Rat auch weitgehend einig, dass es noch zu früh ist, den Sieg zu verkünden. «Wir haben auf dieser Sitzung keine Senkungen diskutiert», sagte Lagarde. «Aber wir fangen gerade erst an, über die Rücknahme unserer restriktiven Haltung zu diskutieren.»

Die meisten Währungshüter wollen erst einmal die in den kommenden Monaten anstehenden Lohndaten abwarten, bevor sie handeln. Das gilt sogar für Tauben wie den Griechen Yannis Stournaras, der kürzlich sagte, dass die EZB «nicht genug Informationen» habe, um vor Juni über Zinssenkungen zu entscheiden.

«Es gibt Anzeichen dafür, dass sich das Wachstum der Löhne und Gehälter abzuschwächen beginnt», sagte Lagarde heute. «Zudem fangen die Gewinne einen Teil der steigenden Arbeitskosten auf, was die inflationären Auswirkungen verringert.»

Neuer geldpolitischer Rahmen

Unterdessen wird die EZB voraussichtlich nächste Woche ihren neuen geldpolitischen Rahmen vorstellen. “Ich gehe stark davon aus, dass er auf unserer Sitzung am 13. März fertiggestellt und dann veröffentlicht wird”, sagte Lagarde. “Ich kann Ihnen versichern, dass es sich um eine sehr technische Angelegenheit handelt.”

Eine Senkung der Zinsen im Juni könnte allerdings bedeuten, dass die EZB vor der Fed handelt, und das könnte problematisch sein, meint Allianz-Chefvolkswirt Ludovic Subran.

“Was passiert, wenn die Fed die Zinsen in diesem Jahr überhaupt nicht senkt?”, sagte er am Donnerstag im Interview mit Bloomberg TV. “Das ist das große Problem. Das wäre schrecklich für die EZB.”

(Bloomberg)