Während die Energie- und Lieferkettenschocks, die die Preise in die Höhe getrieben haben, jetzt nachlassen, passen sich die Arbeitsmärkte weiterhin an und die Löhne steigen, sagte Lagarde am Dienstag in einer Rede in Berlin.

"Wir waren mit einem grossen Inflationsschock konfrontiert und haben als Reaktion darauf eine grosse geldpolitische Anpassung vorgenommen", sagte sie. "Die Auswirkungen dieser Anpassung sind zunehmend spürbar, und der Inflationsdruck lässt nach."

Noch nicht im sicheren Hafen

"Aber es liegt noch ein Stück Weg vor uns", mahnte Lagarde. "Unsere Geldpolitik befindet sich in einer Phase, in der wir den verschiedenen Kräften, die die Inflation beeinflussen, Aufmerksamkeit schenken müssen — aber immer mit Blick auf unser Mandat der Preisstabilität."

Die EZB hat ihren Einlagensatz im letzten Monat bei 4 Prozent belassen, und die Währungshüter haben betont, dass er zumindest für einen längeren Zeitraum auf diesem Niveau bleiben muss, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Der Gouverneur der Bank von Frankreich, Francois Villeroy de Galhau, sagte am Montag, dass die Zinsen wahrscheinlich «in den nächsten Quartalen» unverändert bleiben werden.

Aufpassen ist angesagt

Die Anleger konzentrieren sich nach wie vor darauf, wann die erste Zinssenkung erfolgen wird, und erwarten den ersten Schritt bereits im April. Der belgische Zentralbankgouverneur Pierre Wunsch warnte in einem Interview, dass solche Wetten die EZB dazu bringen könnten, die Zinssätze zu erhöhen, wenn sie den geldpolitischen Kurs der Institution untergraben.

Die Inflation in der Eurozone hat sich zwar auf 2,9 Prozent abgeschwächt, dürfte aber in den kommenden Monaten aufgrund der Volatilität auf den Energiemärkten wieder anziehen. Die Löhne werden ebenfalls als ein Hauptrisiko angesehen, das den Preisdruck aufrechterhalten könnte, da die Arbeitsmärkte gegenüber der Schwäche der Gesamtwirtschaft widerstandsfähig bleiben.

"Angesichts des Umfangs unserer geldpolitischen Anpassungen können wir ihnen jetzt etwas Zeit zur Entfaltung geben", sagte Lagarde.

(Bloomberg)