Banken erhalten künftig nach der jüngsten Zinsanhebung 3,5 Prozent, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, während sie 4,00 Prozent für wöchentliche Kredite und 4,25 Prozent für Übernachtkredite zahlen müssen. Die Abstände zwischen dem Einlagen-, dem Hauptrefinanzierungs- und dem Spitzenrefinanzierungssatz sind seit vielen Jahren uneinheitlich. Dies hängt auch damit zusammen, dass die EZB den Einlagensatz in den Jahren ab 2014 immer tiefer ins Minus gesenkt hatte, um die damals sehr niedrige Inflation zu bekämpfen.
Eine mögliche Angleichung der Korridore sei auf einem EZB-Seminar am Mittwoch, dem ersten Tag der jüngsten Zinssitzung, diskutiert worden, sagten mehrere Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Dabei sei auch die Option einer Veränderung der Abstände präsentiert worden. Die Währungshüter hätten das Thema aber schnell auf Eis gelegt. Die meisten seien der Ansicht gewesen seien, ein solcher Schritt könne womöglich die geldpolitische Botschaft verzerren und würde zudem derzeit keinen Unterschied machen. Banken besässen noch ausreichend Reserven und liehen sich nur wenig von der Notenbank. Ausserdem seien die Euro-Wächter momentan ganz mit den Zinserhöhungen beschäftigt sowie mit dem Abbau der durch jahrelangen Anleihenkäufe stark gewachsenen Notenbankbilanz. Ein EZB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zu den Informationen ab.
Eine Änderung der Korridore gilt auch für den Juli als unwahrscheinlich. Dies könnte Teil einer grösseren Überprüfung des geldpolitischen Rahmens sein und würde die Abkehr von einer Ära des lockeren Geldes hin zu einer Ära zementieren, in der Banken nicht mehr reichlich mit Geld ausgestattet sind und sie es sich stattdessen verstärkt bei der Zentralbank leihen müssen. Das Thema könnte in den kommenden Monaten an Bedeutung gewinnen, da dem Bankensystem im Zuge des EZB-Bilanzabbaus Liquidität entzogen wird. Ab Juli will die EZB die Tilgungsbeträge aus dem billionenschweren älteren Anleihenkaufprogramm APP nicht wieder anlegen.
(Reuters)