Dies werde unabhängig davon geschehen, wie in den USA der geldpolitische Zeitplan der dortigen Notenbank Federal Reserve ausschaue, sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag in einer Rede an der Paris-Dauphine Universität. Es sei zudem nicht von existenzieller Bedeutung, ob eine EZB-Zinssenkung im April oder im Juni erfolge. Nach dem ersten moderaten Schritt müsse sie nicht unbedingt bei jeder geldpolitischen Sitzung die Sätze weiter nach unten setzen. Gleichwohl solle die EZB sich diese Option bewahren.

Mit der Lockerung der Geldpolitik zu beginnen sei wie das Abschliessen einer Versicherung gegen eine harte Landung der Wirtschaft, sagte Villeroy. Unter einer 'harten Landung' verstehen Volkswirte das Abgleiten der Wirtschaft in eine Rezession. «Da die Geldpolitik mit einer Verzögerung wirkt, laufen wir Gefahr, der Entwicklung hinterherzuhinken, wenn wir zu lange warten», merkte er an.

Die EZB könne gezwungen sein, die Zinsen noch aggressiver herabzusetzen, sollte die Inflation über einen längeren Zeitraum hinweg unter dem EZB-Ziel von zwei Prozent liegen. Dann werde sie mit ihren Zinssenkungen womöglich an eine effektive Untergrenze stossen, ab der sie die Konjunktur nicht mehr stimulieren, warnte er. Im Februar lag die Inflation in der Euro-Zone bei 2,6 Prozent.

Den am Finanzmarkt richtungsweisenden Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, hält die EZB inzwischen seit Mitte September stabil bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999. Allerdings steuert die EZB angesichts einer rückläufigen Inflation immer mehr auf eine erste Zinssenkung zu.

In der vergangenen Woche hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf einer Veranstaltung in Frankfurt gesagt, die EZB werde voraussichtlich im Juni wohl ausreichend Sicherheit haben, um über eine erste Zinssenkung zu entscheiden. Wie der Weg nach einer Kurswende gestaltet werden solle, stehe nicht fest.

Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters gehen Volkswirte derzeit mit grosser Mehrheit von einer ersten Zinssenkung im Juni aus. Mehr als 88 Prozent - 68 von 77 befragten Ökonomen - erwarten dies. Ein Schritt bereits im April halten die Volkswirte dagegen für ausgeschlossen - keiner der Umfrageteilnehmer rechnet damit.

Die nächsten beiden Zinssitzungen der EZB finden am 11. April und dann am 6. Juni jeweils in Frankfurt statt.

(Reuters)