EZB-Direktorin Isabel Schnabel hat davor gewarnt, angesichts weiterhin bestehender Unsicherheiten hinsichtlich der Inflationsentwicklung die Zinsen in der Euro-Zone zu früh zu senken. «In diesem Umfeld muss die Geldpolitik so lange restriktiv bleiben, bis wir sicher sein können, dass die Inflation nachhaltig zu unserem mittelfristigen Ziel zurückkehren wird», sagte Schnabel am Freitag in einer Rede beim European University Institute in Florenz. Die zuletzt lange Phase hoher Inflation lege nahe, dass die Europäische Zentralbank (EZB) vorsichtig sein müsse, den geldpolitischen Kurs nicht vorschnell zu ändern. Es gelte, eine Stop-and-Go-Geldpolitik wie in den 1970er Jahren zu vermeiden.

Die EZB strebt mittelfristig 2,0 Prozent Inflation als Optimalwert für die 20-Länder-Gemeinschaft an. Im Januar lag die Teuerungsrate bei 2,8 Prozent nach 2,9 Prozent im Dezember. Noch im Herbst 2022 hatte sie zeitweise bei über zehn Prozent gelegen. Seit Sommer 2022 hatte die EZB zehn Mal in Serie die Zinsen angehoben. Mit dem allmählichen Rückgang der Teuerung hält sie jedoch seit September 2023 die Füsse still. Der Einlagensatz, den Finanzinstitute erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder horten, liegt seitdem bei 4,0 Prozent.

Im Blick hat Schnabel insbesondere die Entwicklung der Löhne in der Euro-Zone. Der EZB-Direktorin zufolge verschärft das schwache und zuletzt sogar negative Produktivitätswachstum in der Euro-Zone die Auswirkungen, die der momentan starke Lohnanstieg auf die Kosten der Unternehmen hat. «Dadurch steigt das Risiko, dass die Unternehmen die höheren Lohnkosten an die Verbraucher weitergeben, was die Rückkehr der Inflation zu unserem Zwei-Prozent-Ziel verzögern könnte», führte sie aus. Das Wachstum der Löhne in der Währungsgemeinschaft gilt momentan als einer der stärksten Inflationstreiber. Nach einem neuen jüngst vorgestellten Prognose-Instrument der EZB könnte das Lohnwachstum in den ersten Monaten dieses Jahres noch einmal zulegen. 

(Reuters)