Der jüngste Anstieg der Ölpreise zeige der Notenbank, es stehe nicht fest, dass sich die Inflation von nun an nur abschwäche, sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der Europäischen Zentralbank (EZB) in einem am Freitag veröffentlichten Interview der kroatischen Zeitung «Jutarnji List». Es könnte zu neuen Schocks auf der Angebotsseite kommen, beispielsweise von den Energie- oder Lebensmittelpreisen ausgehend. Auch könnten die Löhne stärker als erwartet steigen. «Deshalb dürfen wir nicht selbstzufrieden sein und wir sollten nicht vorschnell den Sieg über die Inflation verkünden,» sagte sie.

Die Schlüsselzinsen lägen jetzt auf einem restriktiven Niveau, sagte Schnabel. So wird in der Notenbankwelt ein Zinsniveau bezeichnet, dass die Wirtschaft bremst. Und dies wird Schnabel zufolge einen wesentlichen Beitrag zu einer rechtzeitigen Rückkehr der Inflation zum EZB-Ziel von zwei Prozent leisten. «Wir können jedoch nicht sagen, ob wir den Höhepunkt erreicht haben oder wie lange die Zinssätze auf einem restriktiven Niveau gehalten werden müssen», sagte sie. Dies werde von den Daten abhängen. Risiken müssten sorgfältig beobachtet werden. «Sollten sie Realität werden, könnten irgendwann weitere Zinserhöhungen notwendig werden.»

Die EZB hatte die Zinsen zuletzt Mitte September um erneut einen viertel Prozentpunkt angehoben. Es war bereits die zehnte Anhebung in Folge. Der am Finanzmarkt massgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank bekommen, liegt damit mittlerweile bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999. Die nächste Zinssitzung der EZB ist am 26. Oktober. Die Inflation hatte sich zuletzt deutlich abgeschwächt. Im September ging sie auf 4,3 Prozent zurück nach 5,2 Prozent im August. Die Rate liegt damit allerdings immer noch mehr als doppelt so hoch wie das EZB-Inflationsziel.

(Reuters)