Auf der Dringlichkeitssitzung wird angesichts des Ausbruchs der italienischen Anleiherenditen der umfassendere Anti-Fragmentierungsansatz der Institution geprüft, berichten mit der Diskussion vertraute Personen, die nicht namentlich genannt werden wollten.

Ein Sprecher der EZB wollte sich nicht dazu äussern. Die EZB hatte zuvor bestätigt, dass ein Treffen stattfinden werde “um aktuelle Marktbedingungen zu erörtern”, und dass es im Anschluss eine Mitteilung geben könnte.

Die Sitzung soll um 11 Uhr in Frankfurt begonnen haben und für rund zwei Stunden angesetzt sein. Es gehe darum, wie auf den Renditeanstieg bei italienischen Staatsanleihen zu reagieren sei, hiess es von den Personen.

Die Rendite zehnjähriger Italienbonds ist in dieser Woche erstmals seit 2014 über 4 Prozent gestiegen. Dies deutet darauf hin, dass die Anleger nicht davon überzeugt sind, dass die EZB die Zinsen erhöhen und gleichzeitig die Anleiherenditen der schwächsten Mitglieder der Region in Schach halten kann.

In Reaktion auf die Einberufung der Sondersitzung haben sich besonders die Anleihen Italiens erholt. Die Rendite zehnjähriger Papiere fiel um bis zu 30 Basispunkte auf bis zu 3,88 Prozent und damit wieder deutlich unter die Marke von 4 Prozent. Langläufer Spaniens und Portugals rentierten im Tagesvergleich rund zehn Basispunkte niedriger, während das Kaufinteresse bei deutschen Bundesanleihen nur leicht überwog.

“Die Wiederanlagen im Rahmen des PEPP können jederzeit flexibel über den Zeitverlauf, die Anlageklassen und die Länder hinweg angepasst werden, wenn es im Zusammenhang mit der Pandemie zu einer neuerlichen Marktfragmentierung kommt”, hatte die EZB am vergangenen Donnerstag im Rahmen ihrer geldpolitischen Entscheidung mitgeteilt. 

EZB-Direktorin Isabel Schnabel erklärte am Dienstagabend, das Bekenntnis der EZB zum Euro sei das “Anti-Fragmentierungswerkzeug”, und das “kennt keine Grenzen”. Die Notenbankreaktion auf Panik am Markt werde von den konkreten Umständen abhängen. 

“Die Inflation macht diesmal den Unterschied”, sagte Christoph Rieger, Chef der Rentenstrategie der Commerzbank. “Die EZB kann nicht einfach Geld auf das Problem schütten, denn eine Straffung der Geldpolitik und höhere Zinsen sind tatsächlich notwendig.”

Letzte Woche kündigte die EZB an, dass sie die Zinsen im Juli um einen Viertelpunkt anheben will, gefolgt von einer grösseren Anhebung zwei Monate später, um den steigenden Preisen etwas entgegenzusetzen. Die Notenbank hat die Zinsen seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr erhöht.

(Bloomberg)