Die Tauben im EZB-Rat würden wahrscheinlich argumentieren, dass sich das wirtschaftliche Umfeld verändert habe und mehr Vorsicht geboten sei, sagten die Personen, die nicht namentlich genannt werden wollten.

Dies stünde im Gegensatz zu der eher die Position der Falken unterstützenden Dynamik, die sich im Gefolge der überraschend kräftigen Kerninflation in diesem Monat aufgebaut hatte.

Der Halbprozentschritt in der Ratssitzung diese Woche steht den Personen zufolge allerdings nicht zur Debatte, auch wenn einige Händler sogar schon auf diese Möglichkeit setzen. Es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass sich eine Mehrheit des EZB-Rats von diesen Plänen abbringen lassen wird, heisst es. Eher werde es um die Frage gehen, ob es sinnvoll sei, künftige Erhöhungen vorher anzukündigen.

Ein EZB-Sprecher wollte sich nicht zu den anstehenden Entscheidungen und Beratungen des EZB-Rats äussern.

Geänderte Erwartungen

Die Erwartungen der Anleger an die EZB-Politik haben sich im Zuge der weltweiten Finanzmarktreaktionen auf die Schliessung der SVB bereits geändert, und Händler schätzen die Wahrscheinlichkeit einer Anhebung um einen halben Prozentpunkt auf unter 50 Prozent. Sie sehen den Einlagensatz nun in der Spitze bei 3,30 Prozent, etwa 90 Basispunkte niedriger als vor einer Woche.

Eine Anhebung um einen halben Punkt am Donnerstag wurde seit Anfang Februar so häufig angedeutet, dass sich der Schwerpunkt der Debatten in letzter Zeit auf die Aussicht auf einen ähnlichen Schritt im Mai verlagert hatte. Erst letzte Woche betonte Präsidentin Christine Lagarde, dass ein 50-Basispunkte-Schritt am 16. März "sehr, sehr wahrscheinlich" sei.

Währungshüter könnten noch im Vorfeld der Entscheidung signalisieren wollen, dass ein so grosser Schritt möglicherweise nicht mehr angemessen ist. Im Juli 2022 tauchte die Möglichkeit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte nur zwei Tage vor der tatsächlichen Entscheidung auf.

Kein konkretes Signal?

Auf die Frage auf der Pressekonferenz am 2. Februar, was einen solchen Schritt in dieser Woche verhindern könnte, meinte Lagarde, dass dies nur in einer Ausnahmesituation der Fall sein könne.

"Ich kann mir kein Szenario vorstellen, in dem das nicht passieren würde, es sei denn, es wäre ganz extrem", sagte sie.

Am heutigen Montag erklärte Bloomberg Economics, dass die Turbulenzen im Bankensektor die Wahrscheinlichkeit verringern, dass die Währungshüter die Sitzung in dieser Woche nutzen werden, um eine weitere grosse Erhöhung der Kreditkosten für ihre nächstes Treffen zu signalisieren

"So kurz vor der Sitzung in diesem Monat wird die Ungewissheit über die SVB die Attraktivität einer Vorfestlegung auf eine Anhebung um 50 Basispunkte im Mai verringern", sagte Jamie Rush, Chefökonom für Europa bei Bloomberg Economics. "Wir erwarten nun, dass die EZB es vermeiden wird, ein konkretes Signal zu senden."

(Bloomberg)