Die Kreditvergabe legte im Dezember um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Mittwoch mitteilte. Im November hatte der Zuwachs noch 1,0 Prozent betragen. Auch die privaten Haushalte fragten mehr Darlehen nach: Hier gab es mit 1,1 Prozent den höchsten Zuwachs seit August 2023.
Die EZB hat im vergangenen Jahr die Zinswende eingeleitet. Angesichts nachlassender Inflationssorgen wurde der Leitzins viermal auf aktuell 3,00 Prozent gesenkt. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen gehen davon aus, dass die Frankfurter Währungshüter um ihre Chefin Christine Lagarde schon an diesem Donnerstag nachlegen und den massgeblichen Einlagensatz auf 2,75 Prozent drücken werden. Experten rechnen danach noch mit drei weiteren Senkungen im laufenden Jahr.
«Ein graduelles Vorgehen bei den noch ausstehenden Zinssenkungen ist richtig», sagte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm der Nachrichtenagentur Reuters. Die Entwicklung des verbleibenden Inflationsdrucks hänge auch von der Wirtschaftsentwicklung ab. «Daher ist es richtig, in Abhängigkeit der jeweiligen Datenlage zu entscheiden», fügte sie hinzu. Die Märkte erwarteten am Donnerstag eine Senkung um einen viertel Prozentpunkt. «Das erscheint plausibel, aber es ist auch richtig, vor jeder erneuten Zinssenkung die Situation genau in den Blick zu nehmen», sagte das Mitglied des Sachverständigenrats Wirtschaft. «Gerade auf den letzten Metern ist die Glaubwürdigkeit der EZB besonders wichtig.»
Aktuell liegt die Inflationsrate im Euroraum bei 2,4 Prozent. Die EZB erachtet 2,0 Prozent Teuerung als optimal für die Wirtschaft. Die Geldmenge M3, zu der Bargeld, Einlagen auf Girokonten sowie Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen zählen, wuchs im Dezember um 3,5 Prozent. Ökonomen hatten mit 3,8 Prozent gerechnet. «Alles in allem sind die Werte nicht geeignet, die Inflationssorgen anzuheizen und so stehen sie weiteren Zinssenkungen der EZB nicht im Wege», sagte der Analyst der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), Ulrich Wortberg.
Das Wachstum der Geldmenge liefert Hinweise auf die Inflationsentwicklung. Der genaue Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation gilt inzwischen aber als sehr komplex. (Bericht von Rene Wagner, redigiert von Sabine Wollrab - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)