Dies signalisierte der neue portugiesische Notenbankpräsident Alvaro Santos Pereira am Montag. «Wir treten in eine Phase grösserer Normalität in der Geldpolitik ein, auch wenn noch viele Herausforderungen bleiben», sagte der Nachfolger von Mario Centeno in Lissabon in seiner Antrittsrede. In den vergangenen Jahren sei die EZB immer wieder gezwungen gewesen, geldpolitisch auf verschiedene Krisen und Schocks zu reagieren, um negative Auswirkungen abzufedern. Aus Sicht des spanischen Notenbankchefs Jose Luis Escriva ist sie nun beim Leitzins auf einem angemessenen Niveau angelangt, da die Inflation im Einklang mit dem Ziel der Notenbank von 2,0 Prozent stehe. EZB-Vizechef Luis de Guindos sieht die Auf- und Abwärtsrisiken an der Preisfront als derzeit gut austariert an.

Die Inflation in der Euro-Zone war im September allerdings erstmals seit April wieder über die Zielmarke von zwei Prozent gestiegen. Sie kletterte auf 2,2 Prozent, nachdem die Jahresteuerungsrate in den drei Vormonaten exakt bei 2,0 Prozent lag. Doch viele Experten sehen in den Zahlen kein Warnzeichen, da sich aus ihrer Sicht daraus kein Aufwärtstrend ableiten lässt. Die Finanzmärkte gehen vor diesem Hintergrund davon aus, dass es in diesem Jahr wohl keine weitere Zinssenkung mehr geben wird. Doch einige Notenbanker befürchten, dass das volle Ausmass der US-Zölle noch nicht spürbar ist, ein starker Euro den Exporteuren schaden und die Gesamtinflation unter das Ziel der EZB drücken könnte.

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane wies in Frankfurt darauf hin, dass sich der stärkere Euro über mehrere Jahre auf Konjunktur und Inflation auswirken dürfte. Die EZB bleibe mit Blick auf die Inflation auf der Hut. Sie werde dabei auf die Risiken für ein Unter- oder auch Überschreiten der angestrebten Teuerungsrate von 2,0 Prozent achten, sagte der Ire. Sollte es sich als eher wahrscheinlich erweisen, dass diese Marke unterschritten werde, würde dies für einen etwas niedrigeren Leitzins sprechen. Dieser sei dann besser geeignet, das von der EZB mittelfristig angepeilte Inflationsziel abzusichern.

«Alternativ würde eine Zunahme der Wahrscheinlichkeit oder Intensität von Aufwärtsrisikofaktoren darauf hindeuten, dass die Beibehaltung des aktuellen Leitzinses auf kurze Sicht angemessen wäre», fügte Lane hinzu. Für dieses Jahr veranschlagen die EZB-Ökonomen laut ihrer aktualisierte Prognose vom September eine Teuerungsrate von 2,1 Prozent und für 2026 von 1,7 Prozent. 2027 soll die Rate dann mit 1,9 Prozent nur knapp unter der EZB-Zielmarke landen.

Die EZB hatte von Juni 2024 bis Juni 2025 im Zuge einer nachlassenden Inflation die Zinsen insgesamt achtmal gesenkt. Auf ihrer jüngsten Sitzung am 11. September beliess sie aber den Einlagesatz, also den Leitzins im Euroraum, wie im Juli bei 2,0 Prozent. Die Notenbank ist laut EZB-Chefin Christine Lagarde geldpolitisch in einer guten Position. Der grosse Inflationsschock ist aus ihrer Sicht überwunden. 

(Reuters)