EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat die Fortschritte Italiens in der Haushaltspolitik gelobt, Rom aber zugleich aufgefordert, endlich den europäischen Rettungsfonds ESM zu ratifizieren. «Ich bin beeindruckt von der wirtschaftlichen Entwicklung und der Verwaltung der öffentlichen Finanzen in diesem Land», sagte sie am Donnerstag dem italienischen Fernsehsender Rai1.
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat ihrem Land eine ungewöhnliche politische Stabilität beschert und dabei zugleich Haushaltsdisziplin gewahrt. Das Defizit dürfte bereits in diesem Jahr auf die Obergrenze von 3% sinken – früher als geplant. Diese Entwicklung hat 2025 zu einer Reihe von Heraufstufungen durch Ratingagenturen wie S&P, Fitch und DBRS geführt.
In einem Interview nach der EZB-Zinsentscheidung in Florenz – dem diesjährigen Austragungsort der einzigen Sitzung ausserhalb Frankfurts – wurde Lagarde auch zu Italiens Blockadehaltung bei der Ratifizierung des ESM befragt, die sie als «Problem» bezeichnete.
«Ich halte die volle Funktionsfähigkeit des Europäischen Stabilitätsmechanismus für eine Priorität», sagte Lagarde. «Er ist derzeit nicht nötig, und vielleicht wird er es nie sein. Aber falls er erforderlich wird – sei es als Übergangsinstrument oder um einem Land in einer schwierigen Phase zu helfen –, sollte er verfügbar sein. Ich würde es sehr begrüssen, wenn Italien ihn ratifizieren würde.»
Abgeordnete von Melonis rechtsnationaler Partei Fratelli d’Italia sowie des Koalitionspartners Lega haben in der Vergangenheit gegen die Reform des ESM gestimmt – ein politisch heikles Thema, das Italien seit Jahren beschäftigt.
Die übrigen 19 Länder des Euroraums haben die Reform bereits ratifiziert; Bulgarien, das im Januar dem Euro beitritt, wird nach Angaben von ESM-Chef Pierre Gramegna das 20. Land sein, das den Vertrag unterzeichnet.
(Bloomberg)
