"Ich würde mir wünschen, dass die Inflation im Oktober ihren Höchststand erreicht hat, aber ich fürchte, dass ich nicht so weit gehen würde", sagte sie am Montag in Brüssel gegenüber den europäischen Parlamentariern. "Es gibt zu viel Unsicherheit, insbesondere bei einer Komponente, nämlich der Weitergabe der hohen Energiekosten vom Grosshandel zum Einzelhandel, um anzunehmen, dass die Inflation tatsächlich ihren Höhepunkt erreicht hat. Es würde mich überraschen."

Während sich das Tempo des Preisanstiegs im November zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren verlangsamt haben dürfte, bleibt die Inflationsrate nach Einschätzung fast aller Ökonomen über 10 Prozent. Der Median von 41 Schätzungen in einer Bloomberg-Umfrage geht von einer Steigerung um 10,4 Prozent aus. Die Zahlen sind am Mittwoch fällig; einen Vorgeschmack liefern deutsche und spanische Daten am Dienstag.

Die Anleger halten Ausschau nach Anzeichen dafür, dass die EZB nach den aggressivsten Zinserhöhungen in ihrer Geschichte ihren Appetit auf weitere Zinsschritte verliert, zumal die Eurozone zusehends in eine Rezession schlittert.

Einige Mitglieder des 25-köpfigen EZB-Rats haben sich bereits für ein langsameres Tempo ausgesprochen - vor allem, weil nun auch noch die Rückführung der in den letzten Krisen gekauften Anleihen im Wert von rund 5 Billionen Euro ansteht. Andere sehen jedoch wenig Spielraum für eine Lockerung, solange die Inflation mehr als das Fünffache des Ziels von 2 Prozent beträgt. 

«Langwierige Phase» droht

Der Chef der niederländischen Notenbank, Klaas Knot, sagte am Montag, man müsse sich auf eine "langwierige Phase" einstellen, in der die EZB die Inflation wieder auf das Ziel zurückführt.

Bundesbankpräsident Joachim Nagel stiess am Montagabend in dasselbe Horn. "Ich werde mich im EZB-Rat weiter für entschlossene Inflationsbekämpfung einsetzen", erklärte er bei einer Veranstaltung des Wirtschaftsrats der CDU in Waldbronn. "Wir haben auf dem eingeschlagenen Weg ein gutes Stück geschafft – aber eben auch nur ein Stück. Wir dürfen nicht zu früh nachlassen."

"Wie viel weiter wir gehen müssen und wie schnell wir dorthin gelangen müssen, wird von unserem aktualisierten Konjunkturausblick, der Hartnäckigkeit der Schocks, der Reaktion der Löhne und der Inflationserwartungen sowie von unserer Einschätzung der Übertragung unseres geldpolitischen Kurses abhängen", so Lagarde.

Das könnte bedeuten, dass die Zinsen ein Niveau erreichen müssen, das das Wirtschaftswachstum einschränkt, sagte sie.

(Bloomberg)