Zahlreiche Studien und Marktbeobachtungen wollen es beweisen: Börsennotierte Firmen mit starker familiärer Kontrolle erzielen langfristig oft eine bessere Performance als Unternehmen mit verschiedenen Grossaktionären. 

Laut einer Studie des französischen Vermögensverwalters Carmignac hätte sich der Wert einer Investition in ein Familienunternehmen von 2004 bis 2022 nahezu verdreifacht – was einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 10,2 Prozent entspricht. Zum Vergleich: Nicht-familiengeführte Unternehmen erreichten im gleichen Zeitraum 7,9 Prozent jährlich. 

Auch bei Finanzkennzahlen wie der Eigenkapitalrendite oder dem Verschuldungsgrad schneiden Familienunternehmen im Schnitt besser ab. Die Gründe sind vielfältig: Einerseits ist die Management-Perspektive entscheidend, welche sich auf die langfristige Entwicklung fokussiert, statt auf Quartale. «Familienunternehmen denken oftmals generationenübergreifend. Damit werden geschäftsrelevante Entscheidungen unter anderen Gesichtspunkten beurteilt», erklärt Bernd Laux, Leiter Research bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). 

Er erwähnt zudem auch, dass Firmen nachhaltig und sehr sorgfältig mit dem eingesetzten Kapital wirtschaften, was auch externe Investoren meist begrüssen - dda damit unkalkulierbare Risiken vermieden werden. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Familie «skin-in-the-game» hat - in anderen Worten: Ein Verlust wirkt sich direkt auf das Familienvermögen aus. 

Rückgrat der Wirtschaft

Das grösste Familienunternehmen der Welt ist Walmart. Die Walton-Familie hält über ihre Beteiligungsgesellschaft rund 50 Prozent der Stimmrechte und prägt damit strategische Entscheidungen, ohne jedoch ins Tagesgeschäft einzugreifen. Diese Eigentümerstruktur ermöglichte es dem Handelsriesen, langfristig in Digitalisierung, Logistik und E-Commerce zu investieren – und so mit Konkurrenten wie Amazon mitzuhalten. Die Börse belohnt die Ausdauer: In den letzten zehn Jahren hat sich der Aktienkurs von Walmart mehr als verdoppelt, mit einem soliden jährlichen Wachstum von rund 8 Prozent.

Aber auch in der Schweiz wimmelt es von Familienunternehmen, wenn man auch den nicht-kotierten Bereich betrachtet. So sind laut einer PWC-Studie rund 90 Prozent der Schweizer Unternehmen Familienunternehmen. Das Kriterium dafür ist, dass mindestens ein Drittel des Grundkapitals in festen Händen ist. 

Familienunternehmen gelten als das Rückgrad der Schweizer Wirtschaft. Der Family Business Index von Ernst&Young zeigt, dass sechzehn der weltweit 500 grössten Familiengesellschaften aus der Schweiz stammen.

Ein Paradebeispiel für ein erfolgreiches, börsennotiertes Schweizer Familienunternehmen ist Ems-Chemie. Das Spezialchemieunternehmen wird seit 2004 von Magdalena Martullo-Blocher, Tochter von Alt-Bundesrat Christoph Blocher, geführt und über eine Beteiligungsgesellschaft von der Familie Blocher kontrolliert.

Der Fokus liegt auf dem Kerngeschäft und Entscheidungen sind auf Jahrzehnte ausgerichtet, nicht auf Quartalsgewinne. Diese Langfristigkeit zahlt sich aus – das Unternehmen weist eine überdurchschnittlich hohe Rentabilität und solides Wachstum auf.

Mit Blick auf den Aktienkurs ist auch Martullo-Blochers Bruder Markus Blocher zu erwähnen. Die Aktie von Dottikon ES, wo Blocher als CEO und VR-Präsident agiert und 65 Prozent des Kapitals kontrolliert, hat jüngst den höchsten Stand seit nahezu acht Jahren erreicht. Trotz ansehnlicher Profitabilität will Blocher keine Dividende zahlen. Der Überschuss wird ins Unternehmen reinvestiert.

Auch Schindler ist ein positives Beispiel eines Familienunternehmens. Zwar hält die Gründerfamilie heute nicht mehr die Kapitalmehrheit, doch über ein Aktionärsbindungsverhältnis udn die Stimmenmehrheit hat sie weiterhin einen wesentlichen Einfluss auf die strategische Ausrichtung. 

«Das Unternehmen hat sich über die vergangenen Jahre zunehmend an den Grundsätzen des Shareholder Value orientiert und damit einerseits beeindruckenden operativen Fortschritt erzielt (steigende Gewinnmargen) und andererseits die Kapitalallokation optimiert», führt Laux von der ZKB aus. Das Unternehmen habe zudem die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt verbessert, die Transparenz erhöht und Investorenanforderungen sehr gut umgesetzt.

Ein weiteres Beispiel ist Lindt & Sprüngli, wo Stiftungen einen grossen Anteil am Aktienkapital und den Stimmrechten der Firma halten. Der Schokoladenhersteller hat sich nicht nur weltweit als Premiummarke etabliert, sondern überzeugt auch an der Börse mit einer langfristigen Wertentwicklung. Das Unternehmen wird zwar nicht operativ von einem Familienmitglied geführt, die Struktur mit schützt aber vor kurzfristigem Aktionärsdruck. Das erlaubt Investitionen in Markenpflege, Innovationen und Expansion, ohne sich ständig an der kurzfristigen Profitabilität messen lassen zu müssen.

Aber: Nicht alle Schweizer Familienunternehmen glänzen

Trotz dieser positiven Grundtendenz gibt es auch Gegenbeispiele. Einige börsennotierte Schweizer Familienunternehmen haben in den letzten Jahren oder gar Jahrzehnten enttäuscht. Ein Beispiel dafür ist Kudelski. Das Lausanner Unternehmen, spezialisiert auf digitale Sicherheit und Zugangssysteme, wird über die Aktienstruktur nach wie vor von der Familie Kudelski insbesondere CEO André Kudelski kontrolliert.

Doch trotz technologischer Kompetenz und traditionsreicher Historie hinkt die Aktie dem Markt seit Jahren deutlich hinterher. Investoren sind frustriert über die fehlende strategische Neuausrichtung, während Kritiker mangelnde Innovationskraft und eine gewisse Trägheit in der Anpassung an neue Marktanforderungen bemängeln. Es sei ein Risiko, wenn Familien zu lange an alten Geschäftsmodellen festhalten. Die Kudelski-Aktien notierten nach der Jahrtausendwende bei 269 Franken, im Verlauf dieses Jahres wurden die Aktien fast zum Penny-Stock (unter 1 Franken).

Ein anderes Beispiel, wo Rat von aussen kaum beachtet wird, ist Swatch. Hier ist die Kontrolle der Familie nicht nur über Aktien gegeben, sondern auch über die Führung vom Sohn des Firmengründers Nicolas G. Hayek, Nick Hayek. Obwohl Swatch mit Marken wie Omega, Tissot oder Longines ein starkes Portfolio aufweist, tut sich der Konzern schwer, auf tiefgreifende Veränderungen in der Uhrenbranche zu reagieren.

«Swatch verfolgt den Kurs der Vergangenheit stetig weiter, obwohl von aussen immer wieder Vorschläge zur Veränderung an das Management herangetragen werden», bemerkt ZKB-Experte Laux. Die Wünsche der familienfremden Eigentümer werden nicht erfüllt, die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt sei holprig.

Auch in den Geschäftszahlen und der Börse wirken sich diese Vorwürfe aus. «Die Unzufriedenheit der externen Investoren über die Entwicklung der letzten Zeit lässt sich an der Aktienkursentwicklung ablesen», bestätigt Laux. Die Aktie befindet sich auf dem tiefsten Stand seit 16 Jahren, mit deutlicher Unterperformance gegenüber dem Gesamtmarkt und Konkurrenten wie Richemont. 

Ebenfalls ein Kandidat für die Negativbeispiele ist Stadler Rail mit Hauptaktionär Peter Spuhler, der rund 41 Prozent der Anteile hält. Die starke Einflussnahme des Firmenpatrons wirft Fragen nach einer unabhängigen, dynamischen Unternehmensführung auf. Denn trotz voller Auftragsbücher hat der Zugbauer in den letzten Jahren eine enttäuschende Entwicklung hingelegt und Fragen aufgeworfen, ob der Börsengang eine gute Idee war.

So ist der Aktienkurs vom Allzeithoch im November 2019 bei 49 Franken auf 21 Franken gefallen. Spuhler hatte im Vorfeld des Börsengangs 2019 den Begriff der «Volksaktie» ins Spiel gebracht, aber dem wurde der Titel bis heute hinten und vorne nicht gerecht. Viele Investoren hatten höhere Erwartungen an das Wachstum und die Rentabilität, wurden jedoch wiederholt enttäuscht. 

Stadler Rail leidet insbesondere unter hohem Kostendruck, da viele Aufträge zu Zeiten niedriger Preise abgeschlossen wurden, die heutigen Material- und Lohnkosten aber deutlich höher sind. Gleichzeitig sorgen Lieferengpässe und interne Probleme für Verzögerungen und zusätzliche Kosten. Die starke Expansion ins Ausland erfordert zudem hohe Investitionen und bringt komplexe Vorschriften mit sich, was die Gewinnsituation zusätzlich belastet. 

Salär als Vertrauensbasis

Es kristallisiert sich also heraus, dass speziell die langfristige Ausrichtung und Vision von Familienunternehmen unterstützend wirkt. Familienunternehmer arbeiteten für die nächste Generation, die das Geschäft übernimmt und somit auch alle Erfolge oder eben Probleme. 

Wie aus einem Provida-Bericht in Zusammenarbeit mit der FHS St. Gallen hervorgeht, sorge ein angemessenes Salär der Führungskräfte zusätzlich für Vertrauen bei Anlegern. Während das Top-Management bei gewissen Firmen Löhne in Millionenhöhe erhält - 19,2 Millionen Franken für Novartis-CEO Vasant Narasimhan im Jahr 2024, sei dies bei Familienunternehmen oftmals verhältnismässiger, was bei Anlegern gut ankommt.

Dennoch liegt der Schlüssel im Gleichgewicht: Familiensinn allein genügt nicht. Vielmehr sind professionelle Führung, klare Strategien, Innovationsgeist und Offenheit gegenüber Vorschlägen von aussen entscheidend. Ein zu festes Klammern an alten Praktiken und Strategien kann fatale Folgen haben.

Aisha Gutknecht arbeitet seit Juli 2024 als Redaktorin für cash.ch.
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