Angesichts der ungebrochenen Inflationswelle in den USA wird die Notenbank am Mittwoch voraussichtlich an der Hochzinspolitik festhalten. Während die Federal Reserve aus Sicht der Investoren am Maifeiertag und womöglich auch auf der übernächsten Sitzung die straffe geldpolitische Linie beibehalten dürfte, bereitet die Europäische Zentralbank die Finanzmärkte auf eine Senkung im Juni vor. Die rückläufige Inflation im Euroraum macht's möglich. In den USA versperrt die starke Teuerung hingegen den Weg zur Zinswende noch. «Der überraschend starke Preisanstieg der letzten Monate hat eine Zinssenkung der Fed erst einmal auf die lange Bank geschoben», so die Einschätzung von Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner.

Die Fed hält den geldpolitischen Schlüsselsatz aktuell in der Spanne von 5,25 Prozent bis 5,50 Prozent. Sie versucht mit einer straffen geldpolitischen Linie den starken Preisauftrieb abzumildern. Dass der Wachstumsmotor nicht mehr so hochtourig läuft wie vor der Jahreswende, spielt den Währungshütern um Fed-Chef Jerome Powell dabei eigentlich in die Hände. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im ersten Quartal auf das Jahr hochgerechnet nur noch um 1,6 Prozent zu, nach 3,4 Prozent Ende 2023. Doch die Inflation erweist sich als überaus zäh: Der von der Notenbank stark beachtete Preisindex für persönliche Konsumausgaben (PCE) lag im ersten Quartal bei 3,4 Prozent und damit deutlich über ihrem Inflationsziel von zwei Prozent.

Mangels neuer Projektionen werde es auf der anstehenden Sitzung interessant sein, wie Powell die aktuelle Position im Hinblick auf künftige Zinssenkungen kommuniziere, so Helaba-Experte Patrick Franke: «Eine Leitzinsänderung erwartet diesmal quasi niemand und auch die kommenden Termine haben als Kandidaten hierfür erheblich an Plausibilität eingebüsst.»

Auch wenn es also an der Zinsfront in Washington vorerst ruhig bleiben dürfte, könnte es beim Wertpapierportfolio der Fed Neuigkeiten geben. Powell signalisierte bereits, dass die Zentralbank «ziemlich bald» das Tempo ihres Bilanzabbaus verlangsamen werde. Er bezog sich auf das anhaltende Abschmelzen der Anleihenbestände der Fed. Eine Verlangsamung des Tempos beim Bilanzabbau von derzeit knapp 100 Milliarden Dollar pro Monat würde laut Powell die Wahrscheinlichkeit verringern, dass die Fed überziehe und damit die Geldmärkte durcheinander bringe.

Neues zum Tempo des Bilanzabbaus zu erwarten

Wie aus den Protokollen der Sitzung vom März hervorgeht, favorisieren die Währungshüter eine Verlangsamung des Abbautempos um rund die Hälfte. Die Fed lässt derzeit Staatsanleihen im Wert von bis zu 60 Milliarden Dollar pro Monat und Hypothekenpapiere (MBS) im Wert von bis zu 35 Milliarden Dollar monatlich fällig werden, ohne sie zu ersetzen. Sie dampft damit ihre in der Corona-Pandemie aufgeblähte Bilanz ein.

«Die Fed will das Abbautempo verringern, um etwaige Verspannungen an den Märkten zu vermeiden», erläutert Commerzbank-Ökonom Weidensteiner. Hier spielten die Erfahrungen vom September 2019 eine wichtige Rolle: Damals habe sie bereits einen Anlauf zur Reduzierung ihrer Bilanz genommen, wodurch sich die Einlagen der Banken bei der Fed - also die Bankreserven - verringert hätten. Wegen Sondereffekten seien die Reserven im September noch einmal deutlich zurückgegangen und dadurch offenbar unter das von den Geldinstituten gewünschte Niveau gesunken. «In der Folge stiegen die Geldmarktsätze steil an. Eine ähnliche Entwicklung will die Fed jetzt offensichtlich dadurch vermeiden, dass sie den Bilanzabbau rechtzeitig stoppt, um den Banken ein grösseres Reservepolster zu ermöglichen», folgert Fed-Beobachter Weidensteiner.

(Reuters)