Die amerikanischen Börsen haben mit Verlusten auf den Zinsentscheid der amerikanischen Notenbank reagiert. Die Unsicherheit bleibt gross, da die weitere Entwicklung der Inflation unklar bleibt und die Bankenkrise wohl noch nicht ganz ausgestanden ist.

Karsten Junis, Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin

Der Ökonom meint in einem ersten Kommentar: "Die Fed hat wie erwartet die Leitzinsen erhöht. Allerdings gibt es keine Anzeichen dafür, dass dies der letzte Zinsschritt gewesen sein könnte. Das mag den ein oder anderen enttäuschen. Stattdessen stellt sich heraus, dass der Arbeitsmarkt robust bleibt und die Inflation zu hoch ist. Das schliesst zumindest Zinssenkungen für die kommenden Monate aus. Wir erwarten nun eine längere Phase konstanter Leitzinsen und erst im nächsten Jahr deutliche Zinssenkungen.

Bernd Weidensteiner und Christoph Balz, Ökonomen der Commerzbank

"Das war's wohl", so das Fazit der Commerzbank-Ökonomen mit Blick auf die Zinsserie der Notenbank. Die Betonung der neuen Forward Guidance, die mehrfachen Verweise auf die bereits erfolgten Zinsschritte und die Verschärfung der Kreditvergabebedingungen deuten demnach auf eine Pause im Zinserhöhungsprozess hin: "Wie die Erfahrung der Vergangenheit zeigt, ist eine solche Pause aber normalerweise das Ende der Zinsschritte."

Friedrich Heinemann, ZEW 

"Dies könnte jetzt die letzte Zinserhöhung im aktuellen Zyklus gewesen sein. Zwar ist die Fed wie die EZB mit einer hartnäckig hohen Kerninflation konfrontiert. Allerdings helfen ihr derzeit zwei Entwicklungen bei ihrer Aufgabe: erstens die Bankenkrise und zweitens der Konflikt im Kongress um höhere Schuldengrenzen. Nach schon drei Rettungsaktionen für wichtige Banken wird die Kreditvergabe des gesamten Bankensystems vorsichtiger. Und die Republikaner könnten im Schuldenstreit Ausgabenkürzungen durchsetzen. Weniger Bankkredite und Staatsausgaben kämen jetzt zur rechten Zeit. Die Bankenkrise und der Schuldenstreit helfen somit der Fed im Kampf gegen die Inflation", erklärte der Ökonom gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. 

Michael Heise, Chefökonom HQ TRUST

"Ungeachtet der recht schwachen Konjunktur und verschlechterter Kreditbedingungen hat die Fed mit einer weiteren Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte auf die anhaltend hohe Kerninflation von 4,6 Prozent im ersten Quartal reagiert: Die Gefahrenabwehr bei der Inflation übertrumpft erhebliche Konjunktursorgen. Damit bleibt die Notenbank ihrer aktuellen Strategie treu, anhand von eingehenden Daten von Sitzung zu Sitzung zu entscheiden, anstatt vor allem auf optimistische Prognosen zu setzen, nach denen die Inflation schon zurückgehen wird."

Bastian Hepperle, Ökonom Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank

Die Währungshüter strichen eine Passage aus ihrem Text, wonach eine gewisse zusätzliche geldpolitische Straffung angebracht sein könnte. Stattdessen wurde eine Formulierung gewählt, die die Tür für eine etwaige Straffung offen lässt, aber kein Signal dafür gibt. In den USA dürfte der Leitzinsgipfel erreicht sein", so Hepperle gegenüber Bloomberg.

Börsen verlieren

Damit haben sich auch die Hoffnung der Anlagestrategen zerschlagen, dass die US-Börsen in einen nachhaltigen Bullenmarkt übergehen können. Die Bären dürften ebenso enttäuscht sein, da das Fed keine Argumente lieferte, welche für tiefere Kurse sprechen würden. Der S&P 500 Index sprang zuerst um 0,5 Prozent ins Plus, ehe er ins Minus drehte. Bei Börsenschluss stand der Leitindex 0,7 Prozent tiefer, der Dow-Index verlor 0,8 Prozent.

Der Fokus dürfte in den nächsten Wochen weiterhin auf den kleinen Banken sein, da diese am stärksten von den Zinserhöhungen betroffen sind. Die kleinen US-Banken haben ein grosses Exposure im kommerziellen Immobiliensektor, der weiter von den hohen Zinsen belastet werden dürfte. 

Thomas Daniel Marti
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