Die US-Notenbank Fed hat den Leitzins erstmals im laufenden Jahr gesenkt. Er wurde am Mittwoch wie erwartet um einen Viertelpunkt auf die neue Spanne von 4,00 bis 4,25 Prozent heruntergesetzt. Ökonomen sagten in ersten Reaktionen:

MICHAEL HEISE, CHEFÖKONOM HQ TRUST:

«Die Zinssenkung der Fed war weithin erwartet worden, da sich die Einschätzungen zur US-Konjunktur und zur Lage am Arbeitsmarkt seit der letzten Sitzung im Juli deutlich geändert haben. Die Konjunktur erscheint weniger robust und der Anstieg der Beschäftigung war nach Datenrevisionen in den vergangenen zwölf Monaten nur halb so stark wie bislang gedacht. Trotzdem dürfte die Zinssenkung im Offenmarktausschuss umstritten gewesen sein, denn die Notenbank scheint damit Risiken für die Preisstabilität in Kauf zu nehmen.

Zwei Aspekte sprechen trotz der Überschreitung des Inflationsziels für die Zinssenkung. Zum einen muss die Zinspolitik aufgrund zeitlicher Wirkungsverzögerungen frühzeitig handeln, um einer weiteren Abkühlung am Arbeitsmarkt entgegenzuwirken und zum anderen liegen die Leitzinsen mit 4-4,25 Prozent immer noch auf einem relativ hohen, inflationsdämpfenden Niveau.

Die Gratwanderung zwischen hoher Inflation und schwacher Beschäftigung wird sich fortsetzen. Die Abkühlung des Arbeitsmarktes wird dem preissteigernden Effekt der höheren Zölle zwar etwas entgegenwirken, aber in den kommenden Monaten ist mit anhaltend hohen Preisniveausteigerungen zu rechnen. Die Entscheidungsfindung wird schwierig bleiben. Voraussichtlich bleibt es bei einem Zinssenkungsschritt bis zum Jahresende.»

BASTIAN HEPPERLE, HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:

«Die Fed gibt Trumps massiven Zinssenkungsforderung nicht nach. Mehr als ein kleiner Zinsschritt ist derzeit nicht drin. Das Vollbeschäftigungsziel der Fed beginnt zwar zu wanken, die Inflation ist und bleibt aber zu hoch. Das Abstimmungsverhalten verspricht für die kommenden Monate kontrovers verlaufene Sitzungen. Bei nachlassender Konjunkturdynamik wird es auf der Zinstreppe weiter abwärts gehen. Bis zum Frühjahr 2026 dürfte das Leitzinsniveau auf rund 3,00 Prozent sinken. Gewinnt der politische Einfluss überhand, wird der Leitzins deutlich tiefer sinken. Die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Fed wäre dann jedoch ernsthaft bedroht. Ausserdem zögen neue Inflationsgefahren am Horizont auf.»

DIRK SCHUMACHER, CHEFVOLKSWIRT KFW:

«Eine Zinssenkung war eine ausgemachte Sache. Dies nicht etwa, weil die Fed dem Druck aus dem Weissen Haus nachgibt, sondern weil der Arbeitsmarkt in den USA sich mittlerweile in einer deutlich schwächeren Verfassung zeigt. So hat sich der Beschäftigungsaufbau so verlangsamt, dass Inflationsrisiken im Zusammenhang mit dem Anstieg der Zölle in den Hintergrund getreten sind. Trotz der Zinssenkung wird der Druck aus dem Weissen Haus nicht nachlassen.»

LENA DRÄGER, FORSCHUNGSDIREKTORIN KIEL INSTITUT FÜR WELTWIRTSCHAFT:

«Von Marktteilnehmenden war erwartet worden, dass der Leitzins um 25 Basispunkte auf einen Bereich von 4,00–4,25 Prozent gesenkt wird. Eine solche Zinssenkung lässt sich mit dem dualen Mandat der Fed und der Abschwächung der Beschäftigung begründen. Ein grosser Zinsschritt um 50 Basispunkte wäre angesichts der immer noch persistenten Inflation oberhalb von zwei Prozent aber das falsche Signal gewesen, zumal das Risiko hoch ist, dass US-Firmen die höheren Produktionskosten aufgrund der Zölle vermehrt einpreisen. Dies würde die Inflation weiter antreiben.»

(Reuters)