Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell haben bereits zwei Sitzungen in Folge den Leitzins nicht angetastet und ihn in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent gehalten. Am Mittwoch dürfte die dritte Pause in Serie folgen. Laut Powell kann die Zentralbank angesichts der erreichten Fortschritte im Kampf gegen die Inflation nach den zurückliegenden aggressiven Erhöhungsschritten nun vorsichtiger agieren.
Die Finanzmärkte achten insbesondere auf den aktualisierten Zinsausblick der Währungshüter. Sie setzen nach den zurückliegenden rasanten Erhöhungen für nächstes Jahr auf die Zinswende - nach unten. Powell hält es zwar noch für zu früh, darüber zu spekulieren, wann die Geldpolitik gelockert werden könnte. Doch Fed-Direktor Christopher Waller hat die Debatte angesichts des Sinkflugs der Inflation bereits eröffnet und über Zinssenkungen 2024 sinniert.
Aus Sicht des einflussreichen Währungshüters gibt es gute ökonomische Argumente für eine geldpolitische Lockerung, sollte die Teuerung noch weitere Monate zurückgehen. Er wollte sich aber nicht auf eine Zeitspanne festlegen. Händler an den Terminmärkten rechnen nach robuster als erwartet ausgefallenen Jobmarktdaten damit, dass die Zinswende im Mai eingeleitet wird.
Die Mehrheit der von Reuters jüngst befragten Ökonomen geht davon aus, dass es noch etwas länger dauern wird: Mehr als die Hälfte der 102 Volkswirte erwartet, dass der Zins noch bis Juli quasi zementiert bleibt. «Wir sind uns einig, dass die Fed die Zinsen im Jahr 2024 senken wird, glauben aber, dass die Märkte unterschätzen, wie die hartnäckig hohe Inflation die Zinssenkungen verzögern wird, bis sich die Konjunktur deutlicher verlangsamt hat», sagte Andrew Hollenhorst, Chefökonom für die USA bei Citi.
Fast drei Viertel der befragten Volkswirte prognostizierten für das nächste Jahr Leitzinssenkungen um einen Prozentpunkt oder weniger. «Stand heute ist die grosse Frage, wann der Abstieg vom Zinsplateau beginnen wird und wie schnell er vonstattengeht», sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Die neuen Zinsprognosen der Fed-Mitglieder würden hierfür einen Anhaltspunkt geben: «Ich rechne mit einer ersten Zinssenkung ab Sommer des kommenden Jahres.»
«Zinswende im Hintergrund vorbereitet»
Die Commerzbank-Ökonomen Marco Wagner und Christoph Balz verweisen darauf, dass die Fed eine Zinswende bereits im Hintergrund vorbereitet habe. So zeigten die vierteljährlichen Projektionen der Fed-Verantwortlichen zu dem erwarteten angemessenen Zinspfad bereits seit einiger Zeit an, dass sie nächstes Jahr erste Zinssenkungen für realistisch hielten, wenn auch bisher in geringerem Umfang als die Märkte es einpreisten. Die anstehende Aktualisierung der Projektionen dürfte laut den Commerzbank-Ökonomen auf eine deutlichere Senkung hinweisen. Insgesamt werde die Fed aber versuchen, die Zinssenkungsfantasien nicht noch anzuheizen: «Denn diese haben zuletzt bereits die Marktzinsen gedrückt und die Aktienkurse beflügelt.»
Für die anstehende Sitzung gilt eine Zinspause als gesetzt. «Die Erwartungen, dass die US-Notenbank die Zinsen nicht weiter anheben wird, scheinen unerschütterlich. Dennoch könnte die letzte Sitzung im Jahr 2023 sehr interessant werden», meint DWS-Volkswirt Christian Scherrmann. Noch im September hatten die Währungshüter in ihrem Zinsausblick im Mittel einen weiteren Zinsschritt für das laufende Jahr ins Auge gefasst. Auch wenn es nun nicht mehr dazu kommen dürfte, wird Fed-Chef Powell voraussichtlich sein Mantra erneut vortragen, wonach der Sieg über die Inflation nicht vorzeitig ausgerufen werden dürfe.
Für einen vorerst abwartenden Kurs der Fed spricht, dass der Preisauftrieb in den USA stark nachgelassen hat. Die Inflationsrate sank im Oktober auf 3,2 Prozent, nach 3,7 Prozent im September. Die Zentralbank strebt einen Marke von zwei Prozent an, die für die Wirtschaftsentwicklung als ideal gilt. Am Dienstag wird sich zeigen, ob die Währungshüter diesem Ziel näher gekommen sind. Dann werden die frischen Daten für November veröffentlicht: Von Reuters befragte Experten erwarten, dass sich der Sinkflug fortsetzt und die Inflationsrate leicht auf 3,1 Prozent fällt.
(Reuters)