Die unabhängigen Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell beliessen den geldpolitischen Schlüsselsatz am Mittwoch in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. Trump hatte Powell erst vor wenigen Tagen erneut aufgefordert, die Zinsen zu senken. Die Federal Reserve will jedoch zunächst mehr Klarheit darüber erlangen, wie sich der von Trump angezettelte Zollkonflikt auf die Preise und die Konjunktur in den USA auswirkt. Die Unsicherheit über den Konjunkturausblick habe weiter zugenommen, so die Einschätzung der Währungshüter. Zudem sei die Inflation noch «etwas erhöht».
Die US-Wirtschaft war Anfang des Jahres und damit in den ersten Monaten Trumps im Weissen Haus überraschend auf Talfahrt gegangen, nachdem sie lange Zeit florierte. Ob sich die Fed bald zu einer Zinssenkung durchringen kann, ist jedoch unklar. Händler an den Terminmärkten halten es für wahrscheinlich, dass eine Lockerung bis Juli auf sich warten lässt. «Ein Szenario mit mehreren Zinssenkungsschritten wird wohl nur möglich sein, wenn die US-Regierung im Rahmen der Handelspolitik auf Verhandlungslösungen setzt und damit Preissteigerungen für die US-Konsumenten begrenzt bleiben», meint Michael Heise, Chefökonom beim Vermögensverwalter HQ Trust.
Trump hat mit seiner von Kritikern als erratisch bezeichneten Zollpolitik auch für Turbulenzen an den Finanzmärkten gesorgt, die durch seine wiederholten Tiraden gegen Fed-Chef Powell noch befeuert wurden. Denn durch die Attacken kamen Zweifel auf, ob die Unabhängigkeit der Federal Reserve auf Dauer bewahrt bleiben kann. Zuletzt betonte Trump aber in einem Interview, dass er den noch regulär bis Mai 2026 amtierenden Notenbankchef nicht vorzeitig ablösen werde. Powell machte seinerseits deutlich, dass sich die Notenbank nicht von politischen Vorgaben lenken lässt. Vielmehr lasse sie sich bei ihrem Kurs von wirtschaftlichen Daten leiten.
Fed steht vor einem Dilemma
Die Forschungsdirektorin am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), Lena Dräger, verwies darauf, dass die Fed vor einem Dilemma stehe. Halte sie die Zinsen weiterhin konstant, werde der politische Druck von Trump wohl steigen: «Senkt sie jedoch die Zinsen, zum Beispiel um einer drohenden Rezession entgegenzuwirken, könnte dies unabhängig von der ökonomischen Begründung als Verlust ihrer institutionellen Autonomie verstanden werden.» Dies hätte nach Ansicht der Expertin womöglich einen dauerhaften Vertrauensverlust an den Finanzmärkten mit unabsehbaren Folgen für den Dollar zur Folge.
Zugleich müsse die Fed über Strategien nachdenken, wie Zinssenkungen im Laufe des Jahres 2025 kommuniziert werden könnten, ohne die Glaubwürdigkeit zu gefährden: «Die Unabhängigkeit der Fed steht auf dem Spiel – sie zu verteidigen ist in diesen Tagen wichtiger denn je», meint die Ökonomin.
Die Fed werde zumindest Belege sehen wollen, dass die Zölle nur einen vorübergehenden Effekt auf die Inflation haben, so die Analyse der Commerzbank-Experten Bernd Weidensteiner und Christoph Balz. Sie verweisen darauf, dass die Inflationserwartungen der privaten Haushalte wegen der Zollpolitik deutlich gestiegen sind. Die Universität Michigan ermittelte in ihrer April-Umfrage, dass die Verbraucher binnen Jahresfrist mit einer Inflationsrate von 6,5 Prozent rechnen - der höchste Wert seit 1981.
Am 2. April verhängte Trump Zölle von zehn Prozent gegen Importe aus den meisten Ländern, zusammen mit höheren Zollsätzen für viele Handelspartner, die dann für 90 Tage ausgesetzt wurden. Er hat auch 25 Prozent Zölle auf Autos, Stahl und Aluminium, 25 Prozent Zölle gegen Kanada und Mexiko sowie 145 Prozent Zölle gegen China verhängt. Trumps Regierung verhandelt mit über 15 Ländern über Handelsabkommen, die die höheren Zölle abwenden könnten.
An der Wall Street weiteten der Index der Technologiebörse Nasdaq und der breit gefasste S&P ihre Verluste nach dem Zinsentscheid leicht aus, während der Dow-Jones-Index der Standardwerte seine Gewinne zum Teil abbaute. Am Anleihemarkt griffen Anleger hingegen zu: Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen fiel im Gegenzug zum leicht steigenden Kurs auf 4,262 von zuvor 4,280 Prozent. Der Dollar-Index behauptete sein leichtes Plus.
(Reuters)