Die Federal Reserve schreckt davor zurück, den Unternehmen eine Lizenz zu erteilen, die ihnen wie Banken den direkten Zugriff auf die Systeme der Notenbank erlauben würde.

Bei den jungen Technologieunternehmen, die zum Beispiel im Zahlungsverkehr oder der Kreditvergabe aktiv sind, liessen der Verbraucherschutz und das Risikomanagement zu wünschen übrig, lautet die Kritik vieler Fed-Vertreter. Mit ihren Bedenken stellt sich die Notenbank gegen die US-Bankenaufsicht OCC und die Einlagensicherung FDIC, die der Branche offener gegenüberstehen und eine neue Fintech-Lizenz prüfen.

"Ich fürchte, dass die nächste Krise von Fintechs ausgehen wird", sagte James Bullard, Präsident der Fed von St. Louis, der Nachrichtenagentur Reuters. "Sie wollen wahrscheinlich Zugang zum Zahlungssystem, aber sie wollen sich nicht der Regulierung unterwerfen, die damit verbunden ist." Das fehlende Risikobewusstsein der Branche treibt dem Präsidenten der Fed von Atlanta, Raphael Bostic, Sorgenfalten auf die Stirn. "Atlanta will zum Fintech-Hub werden, so dass ich die Gelegenheit habe, mit vielen Unternehmern in diesem Bereich zu reden", sagte Bostic Ende 2018 bei einer Bankenkonferenz. Dabei habe kaum jemand Risiken als ein wichtiges Thema im Blick. "Und das macht mich nervös."

Die Branche wächst rasant - zwischen 2010 und 2017 sind nach Daten des US-Finanzministeriums mehr als 3300 Fintechs entstanden. Unternehmen wie Paypal oder der Kreditvermittler Lending Club haben dank niedrigerer Gebühren und höherem Komfort den Banken Millionen Kunden abgejagt. Bereits die Hälfte der Amerikaner nutzt bei Überweisungen die Dienste von Fintechs, so eine Studie der Beratungsfirma EY. Die US-Bankenaufsicht OCC schlug im Juli eine spezielle Lizenz für Fintechs vor, mit denen sie im ganzen Land Geschäfte machen können, sofern sie Kapital- und Liquiditätsanforderungen erfüllen und Notfallpläne vorweisen.

Ein Flickenteppich

Bislang nutzen Firmen wie die Kreditvermittler OnDeck Capital oder Kabbage verschiedene Lizenzen der einzelnen Bundesstaaten. Die dortigen Aufseher haben dabei besonders den Verbraucherschutz im Blick und schreiben etwa vor, dass die Kreditzinsen eine bestimmte Höchstgrenze nicht überschreiten dürfen. Einige Bundesstaaten verlangen zudem, dass sie die Regeln gegen Geldwäsche einhalten oder Vor-Ort-Überprüfungen erlauben. Dagegen ist fast das gesamte Geschäft von Banken streng reguliert. Die Geldhäuser müssen etwa Kapital- und Liquiditätsvorschriften einhalten, sich an das Bankgeheimnis halten und Vorkehrungen gegen Geldwäsche treffen.

Für einige Fintechs ist die neue OCC-Lizenz nur attraktiv, wenn sie dadurch direkten Zugang zum Zahlungssystem der Fed erhalten. Dadurch könnten sie bestimmte Bankgebühren vermeiden - einer der grössten Kostenblöcke für die jungen Unternehmen. Die von der OCC vorgeschlagene Lizenz erlaubt es aber nicht, dass Fintechs Einlagen einsammeln, die von der staatlichen Einlagensicherung FDIC garantiert werden - bislang eine Grundvoraussetzung für den Zugang zum Fed-Zahlungssystem.

Kritiker wehren sich gegen eine Aufweichung der Bedingungen - nicht zuletzt die Banken, denen die neue Konkurrenz ein Dorn im Auge ist. Auch einige Vertreter der Notenbank befürchten, dass der direkte Zugang zum Zahlungssystem bei einem Zusammenbruch eines Fintechs, einem grösseren IT-Problem oder einer Cyberattacke das gesamte System in Mitleidenschaft ziehen könnte.

Fintech-Firmen entgegnen, sie erfüllten bereits zahlreiche Anforderungen der Bundesstaaten. Das rasante Wachstum sei nicht auf eine laxe Regulierung sondern auf hohe Nachfrage nach ihren Finanzdienstleistungen zurückzuführen. Nur wenn sie auch Zugang zum Zahlungssystem der Fed erhielten, sei eine nationale Expansion mit Hilfe der OCC-Lizenz attraktiv. "Man kann schwer beurteilen, ob sich die Beantragung der Lizenz lohnt, wenn man nicht weiss, welchen Zugang man zu den Fed-System erhält", sagte Jason Oxman von der Electronic Transactions Association, die Fintechs und Banken vertritt. "Es wäre hilfreich, wenn die Fed Klarheit schafft."

(Reuters)