Die Aktien von Amazon hinken seit fast einem Jahr hinter dem Nasdaq Index hinterher. Während der technologieorientierte Referenzindex ist in diesem Jahr um fast 13 Prozent gestiegen ist, verzeichnet Amazon lediglich ein Plus von 4 Prozent.
Damit befindet sich Amazon in der unteren Hälfte der Nasdaq-100-Performer und werden derzeit mit dem grössten Abschlag gegenüber dem Index seit Beginn der Aufzeichnungen gehandelt. Amazon wird mit dem etwa 26-fachen der Gewinnprognosen gehandelt, verglichen mit dem mehr als 27-fachen für den Nasdaq 100.
Weiter vergrössert hat sich der Abstand seit der Zahlenpublikation am 31. Juli. Das schwächer als erwartete Wachstum im Cloud-Computing-Geschäft weckte Befürchtungen, dass das Unternehmen Marktanteile verliert. Zudem sind Investoren zunehmen frustriert, dass Amazons Investitionen in künstliche Intelligenz nicht genug dazu beitragen, die Finanzergebnisse zu verbessern, wie dies bei anderen Technologiegiganten wie Microsoft und Meta der Fall ist.
Erfolgsbewährte Diversität oder Trend?
An der Wall Street kritisieren einige Experten gar Amazons Stärke, die Vielfalt seiner Geschäftsbereiche, und sagen, dass der Aktienkurs darunter leide, weil der Konzern nicht allein als KI-Investition gilt. «Für viele Anleger ist Amazon einfach keine reine Möglichkeit, auf ein Thema zu setzen, an das sie glauben», sagte Eric Clark, Portfoliomanager des Rational Dynamic Brands Fund. «Die Leute wollen Reinheit in ihren Investitionen. Und wenn man das will, erscheint Amazon wie ein Unternehmen, das durch all die verschiedenen Geschäftsbereiche verwässert ist.»
Amazon erzielt nach wie vor den Grossteil seines Umsatzes im E-Commerce, aber seine aggressiven Investitionen in eine Vielzahl von Unternehmen, von Amazon Web Services bis Whole Foods, machen die Aktie seit langem attraktiv für wachstumsorientierte Anleger. Letzte Woche gab Amazon bekannt, dass es plant, die Anzahl der Städte, in denen es Lebensmittellieferungen am selben Tag anbietet, mehr als zu verdoppeln.
Da jedoch KI derzeit das Gesprächsthema an der Wall Street dominiert, verliert dieses Modell plötzlich an Attraktivität. Während Amazon Web Services weiterhin führend im Bereich der Vermietung von Rechenleistung ist, wurde sein Umsatzwachstum von 17 Prozent im zweiten Quartal von kleineren Konkurrenten in den Schatten gestellt. Der Umsatz der Azure-Sparte von Microsoft stieg um 39 Prozent und der Umsatz von Google Cloud um 32 Prozent.
Hyperscaler im Aufwind
Neben Microsoft und Meta haben Investoren auch die Aktien von Oracle und CoreWeave hochgehandelt, die massiv in den Ausbau ihrer KI-Rechenkapazitäten investieren. Oracle hat kürzlich einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung KI-Computing-Services unternommen und im vergangenen Monat einen Vertrag mit OpenAI über die Bereitstellung von 4,5 Gigawatt zusätzlicher Rechenzentrumsleistung in den USA abgeschlossen.
Der Aktienkurs von Oracle ist in diesem Jahr um fast 50 Prozent gestiegen. CoreWeave, ein von Nvidia unterstütztes Unternehmen, das Cloud-Computing-Dienste anbietet, hat seit seinem Börsengang im März eine mehr als doppelte Steigerung seines Aktienkurses verzeichnet. «Diese neue Gruppe von Hyperscalern wird in fünf Jahren das Thema sein, über das wir sprechen werden», sagte Clare Pleydell-Bouverie, Co-Managerin des Liontrust Global Innovation Teams. «Wir sehen bei Amazon nicht dieselbe durch KI ausgelöste Beschleunigung.»
Dennoch sind viele Anleger weiterhin zuversichtlich, dass sich die Investitionen von Amazon langfristig auszahlen werden, indem sie die Effizienz und die Kundenansprache in allen Geschäftsbereichen verbessern. Die Aktie bleibt eine der beliebtesten an der Wall Street: Mehr als 90 Prozent der 82 Analysten, die sie beobachten, stufen sie als Kauf ein – und keiner empfiehlt den Verkauf. Das ist laut Daten von Bloomberg ein höherer Kaufanteil als bei Meta oder Alphabet.
Für Clark erscheint Amazon derzeit unterbewertet, aber es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich die Investitionen des Unternehmens in künstliche Intelligenz positiv auf das Geschäftsergebnis auswirken, insbesondere im Bereich Cloud Computing. «Es ist keine gute Idee, gegen Amazon zu wetten», sagte er.
(Bloomberg/cash)