Der Abgang von Boris Collardi als CEO von Julius Bär diese Woche hinterlässt einen schalen Nachgeschmack in Sachen guter Unternehmensführung. Nicht, dass ein Bankchef nach acht Jahren auch mal den Job wechseln soll und darf. Doch ganz offensichtlich "wurde der Verwaltungsrat von Julius Bär von diesem Ereignis komplett überrascht", sagt etwa Remo Rosenau, Chef-Analyst der Neuen Helvetischen Bank, im cash-Börsen-Talk

Eigentlich sollte eine Firma immer mit dem Schlimmsten rechnen, auch wenn alles perfekt läuft. Das hat nichts mit Paranoia zu tun. Auf Management-Ebene heisst das: Klumpenrisiken vermeiden und Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen. Keinen Starkult aufkommen lassen. Einen Plan B oder Plan C bereithalten.

Nicht so bei Julius Bär. Eine mittel- und langfristige Nachfolgeplanung für den smarten, immer mächtigeren und von den Business-Medien gefeierten Collardi wurde bei der Privatbank verpasst - eine Pflicht, die eigentlich zu den Hauptaufgaben eines umsichtig agierenden Verwaltungsrats gehörte. 

Doch gerade in der Finanzbranche sind Beispiele von stolzen, machtbewussten und von Selbstzweifeln befreit agierenden Alleingängern auf Management-Ebene auffallend häufig zu beobachten - auch im Jahr zehn nach Ausbruch der Finanzkrise. Pierin Vincenz fuhr als Chef der Raiffeisen-Gruppe über Jahre einen ungebremsten und weitgehend unkontrollierten Expansionskurs. Leider wurden da intern offenbar auch ein paar Sächelchen zu wenig beachtet. Nun durchleuchtet die Finanzmarktaufsicht private Geschäfte des ehemaligen Raiffeisen-Chefs.

"Die Managements bei grossen Banken sind allmächtig, und die Verwaltungsräte tragen grosse Namen, mehr nicht". Das sagte jüngst ein ehemaliger Spitzenmanager einer Schweizer Grossbank im vertrauten Kreis unter Journalisten. Anders ausgedrückt heisst das: Der CEO und seine (zumeist) Mannen können tun und lassen, was sie wollen. Und die Verwaltungsräte sind häufig altgediente Stars, die den Tätigkeiten wohlwollend zuschauen und Schweizer Verwaltungsratshonorare beziehen, die sich weltweit am obersten Ende befinden.

Es gibt einen banalen, durchaus diskutablen Spruch: "Jeder ist ersetzbar". Er sollte für umsichtige Firmenverantwortliche eigentlich heissen: "Jeder muss ersetzbar gemacht werden". Auch wenn dabei so manches Ego verletzt wird. Und auch wenn es zu Lasten des Aktienkurses geht.