Der finnische Aussenminister Pekka Haavisto übergab am Dienstag im Nato-Hauptquartier in Brüssel die Beitrittsurkunde seines Landes an US-Aussenminister Antony Blinken, der sie am Gründungsort des Verteidigungsbündnisses in Washington verwahren wird. Mit diesem Schritt wurde der Aufnahmeprozess endgültig abgeschlossen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Blinken sprachen von einem "historischen Tag" für die Nato und für Finnland. 

Im Anschluss an die Übergabe der Urkunde sollte die finnische Flagge erstmals vor dem Nato-Hauptquartier gehisst werden - alphabetgetreu zwischen denjenigen von Estland und Frankreich. Zu der Zeremonie wurden neben dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö auch Bundesaussenministerin Annalena Baerbock und ihre 29 Kollegen der anderen aktuellen Mitgliedstaaten erwartet. Direkt nach der Feier sollte das erste Nato-Aussenministertreffen beginnen, an dem Finnland als offizielles Mitglied teilnimmt.

Die Aufnahme Finnlands erfolgte genau 74 Jahre nach der Gründung der Nato am 4. April 1949 in Washington. Stoltenberg sagte, er könne sich kaum etwas Besseres vorstellen, als den Geburtstag mit dem Beitritt Finnlands zu feiern.

Der Norweger machte zudem deutlich, dass er die Nato-Norderweiterung als Zeichen für ein Scheitern der Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin sieht. Ein erklärtes Ziel der Invasion in die Ukraine sei es gewesen, weniger Nato an der russischen Grenze zu haben und neue Mitgliedschaften zu verhindern, sagte der Norweger. Nun bekomme Putin genau das Gegenteil - mehr Nato-Truppen im östlichen Teil des Bündnisses und mehr Nato-Mitglieder.

Finnland hat eine 1340 Kilometer lange Grenze zu Russland. Der Kreml kritisierte den Nato-Beitritt seines Nachbarn als Bedrohung für seine eigene Sicherheit. "Die Erweiterung der Nato ist ein Angriff auf unsere Sicherheit und die nationalen Interessen Russlands", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Russland sei entsprechend zu Gegenmassnahmen gezwungen.

Finnlands Nato-Beitritt ist eine der bislang wohl weitreichendsten geopolitischen Folgen des russischen Einmarsches in die Ukraine. Das nordische Land mit seinen rund 5,5 Millionen Einwohnern hatte zuvor jahrzehntelang grossen Wert auf militärische Bündnisfreiheit gelegt. Mit dem Beitritt Finnlands wächst die Nato-Aussengrenze Richtung Russland nun auf mehr als das Doppelte an.

Schweden will ebenfalls Nato-Mitglied werden. Dieser Beitritt wird aber bislang von den Bündnismitgliedern Türkei und Ungarn blockiert. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft der schwedischen Politik mangelnden Einsatz gegen "Terrororganisationen" vor. Dabei geht es Ankara vor allem um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Ungarn wiederum monierte jüngst schwedische Aussagen zu Rechtsstaatlichkeit und Korruption - dabei hatten die Schweden eigentlich lange Zeit mit keinen Einwänden aus Budapest gerechnet.

(AWP)