Frankreich fordert von der Europäischen Union ein härteres Vorgehen gegen den chinesischen Online-Modehändler Shein. Grund ist der Verkauf von kinderähnlichen Sexpuppen und verbotenen Waffen auf dessen Marktplatz. «Ich glaube, dass die Plattform eindeutig gegen die europäischen Regeln verstösst, die wir 2022 auf Betreiben Frankreichs verabschiedet haben», sagte Aussenminister Jean-Noel Barrot am Donnerstag dem Radiosender Franceinfo. «Ich glaube, dass die Europäische Kommission handeln muss. Sie kann nicht länger warten.»

Frankreich verlangt von der EU-Kommission, unverzüglich zu untersuchen, was zum Verkauf der illegalen Objekte auf der Plattform geführt hat, wie Finanzminister Roland Lescure und Digitalministerin Anne le Henanff an die zuständige EU-Kommissarin Henna Virkkunen schreiben. «Frankreich macht die Europäische Kommission und alle Mitgliedstaaten auf diese schwerwiegenden Verstösse innerhalb seiner Grenzen aufmerksam und geht davon aus, dass ähnliche Risiken im Zusammenhang mit den Aktivitäten dieser Plattform in anderen Ländern der Europäischen Union bestehen», heisst es in dem Brief, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Erster dauerhafter Shein-Shop in Paris

Ein Sprecher der Europäischen Kommission bestätigte den Erhalt des Schreibens. Die Behörde werde den Vorgang prüfen und über weitere Schritte entscheiden. Shein ist unter dem Gesetz über digitale Dienste der EU («Digital Services Act») als «sehr grosse Online-Plattform» eingestuft. Deswegen ist die Kommission befugt, Untersuchungen wegen möglicher Verstösse gegen das Gesetz einzuleiten.

Der Streit war eskaliert, nachdem Shein am Mittwoch seinen ersten dauerhaften Shop im Pariser Traditionskaufhaus BHV eröffnet hatte. Riesige, schwarze Fahnen an der Fassade mit der Aufschrift Shein warben für die Marke. Menschen versammelten sich zu Demonstrationen dagegen, während andere sich in eine lange Warteschlange einreihten, um die günstigen Produkte zu kaufen. BHV («Bazar de l'Hôtel de Ville») ist ein Kaufhaus in einem historischen Gebäude im bekannten Viertel Marais direkt neben dem Rathaus und bietet viele verschiedene Marken an. Shein hat eine Verkaufsfläche in einem der oberen Stockwerke.

Die französische Regierung hatte am Mittwoch zudem ein Verfahren zur Aussetzung des Geschäftsbetriebs von Shein eingeleitet. Daraufhin setzte Shein seinen Marktplatz in Frankreich aus, um seine Drittanbieter zu überprüfen. Den weltweiten Verkauf von Sexpuppen hatte das Unternehmen bereits zuvor gestoppt.

Deutscher Handelsverband fordert härteres Vorgehen

In Deutschland forderte der Handelsverband HDE ebenfalls ein härteres Vorgehen. «Verstösse gegen Gesetze und Vorgaben müssen Konsequenzen haben», sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Der unfaire Wettbewerb müsse aufhören. «Sollten die Plattformen und Händler aus Fernost hier nicht überzeugend und massiv nachbessern, dann darf auch in Deutschland eine Sperrung nicht ausgeschlossen sein. Es braucht glaubwürdige und konsequente Strafen.»

Die beiden umstrittenen chinesischen Online-Plattformen Shein und Temu werden nach der Prognose des HDE in diesem Jahr etwa 3,3 Milliarden Euro in Deutschland umsetzen. Der Trend sei «stark wachsend». Die Stiftung Warentest hatte bei einer im Oktober veröffentlichten Überprüfung beispielsweise unsicheres Spielzeug, giftige Schwermetalle in Schmuck und zu heisse Ladegeräte gefunden. Von 162 getesteten Produkten von Shein und Temu erfüllten demnach 110 die EU-Standards nicht. 

(Reuters)