Die Vorherrschaft bei diesen Kryptowährungen verschaffe den USA einen Vorteil, der letztlich die Kreditkosten für Europa in die Höhe treiben, die Autonomie der EZB verringern und die geopolitische Abhängigkeit von den USA verstärken könnte, heisst es in dem Beitrag von EZB-Blogger Jürgen Schaaf, Berater für Marktinfrastrukturen und Zahlungsverkehr.

Stablecoins sind Kryptowährungen, die auf Kursstabilität ausgerichtet sind. Damit soll ihre Nutzung als Zahlungsmittel oder Wertanlage vereinfacht werden. Daher wird ihr Kurs oft an klassische Währungen wie den Dollar im Verhältnis eins zu eins gekoppelt.

US-Präsident Donald Trump hat unlängst ein Gesetz zur umfassenden Regulierung von Stablecoins in Kraft gesetzt. Der sogenannte «Genius Act» schafft einen gesetzlichen Rahmen für an den Dollar gekoppelte Kryptowährungen. Die Verabschiedung des Gesetzes gilt als Meilenstein für die Branche, die seit Jahren auf eine landesweite Regulierung dringt.

Das Gesetz sieht vor, dass die Anbieter solcher Digitalwährungen ihre Token vollständig mit liquiden Mitteln wie Bargeld oder kurzfristigen US-Staatsanleihen unterlegen müssen. Zudem müssen sie monatlich die Zusammensetzung ihrer Reserven offenlegen.

Rolle der Euro-Stablecoins bislang «marginal»

Schaaf weist in dem Blog darauf hin, dass der globale Markt zunehmend von Dollar-basierten Stablecoins dominiert werde. Diese machten rund 99 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung aus. Im Gegensatz dazu blieben in Euro-denominierte Stablecoins mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 350 Millionen Euro marginal. «Es gibt zwar einige Initiativen, und einige europäische Banken bereiten Berichten zufolge den Markteintritt vor. Der Umfang ist jedoch bisher begrenzt», erklärt Schaaf in dem Blog.

Sollten Dollar-Stablecoins im Euroraum weit verbreitet sein – sei es für Zahlungen, Sparanlagen oder Abwicklungen –, könnte die Kontrolle der EZB über die geldpolitischen Rahmenbedingungen geschwächt werden, warnt der Experte. Falls die Nutzung von Dollar-Stablecoins über traditionelle Kanäle weiter zunehme, könnten diese Kryptowährungen bei grenzüberschreitenden Transaktionen in direkten Wettbewerb mit Euro-basierten Instrumenten treten.

Bei sogenannten tokenisierten Abwicklungen, bei denen ein zuverlässiges digitales Bargeldäquivalent entscheidend sei, könnten Dollar-Stablecoins ihre anfängliche Dominanz festigen, sofern keine glaubwürdigen Euro-Alternativen entstünden. «Eine solche Dominanz des US-Dollar würde den Vereinigten Staaten strategische und wirtschaftliche Vorteile verschaffen und ihnen eine günstigere Finanzierung ihrer Schulden bei gleichzeitiger globaler Einflussnahme ermöglichen», erklärte Schaaf in dem Blog, der nicht zwingend die Ansicht der EZB widerspiegelt. 

(Reuters)