Die Franzosen haben bereits Interesse an einem Bund signalisiert, den die Italiener vorschlagen. Sie wollen kommende Woche entscheiden, ob sie weiter verhandeln. Sollte es gelingen, die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bekommen, könnte eine Mega-Allianz aus der Taufe gehoben werden, die sogar Volkswagen und Toyota an der Weltmarktspitze in den Schatten stellen würde.

Bevor ein Zusammenschluss umgesetzt werden kann, sind aber noch viele Schritte nötig. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

Wie geht es in den Verhandlungen weiter? 

Mitglieder des Renault-Verwaltungsrats treffen sich Insidern zufolge in dieser Woche nochmal, um weiter über die Vorschläge aus Mailand zu diskutieren, bevor Anfang nächster Woche die Weichen gestellt werden sollen. Dann könnte der Aufsichtsrat eine unverbindliche Vereinbarung absegnen, um über die von Fiat Chrysler vorgeschlagene Fusion zu verhandeln. Damit wäre die erste Hürde genommen. Ein Zusammenschluss der beiden europäischen Autobauer wäre aber auch damit noch längst nicht beschlossene Sache.

Was sind die grössten Hindernisse?

Die französische Regierung verlangt eine Garantie, dass Arbeitsplätze und Standorte in Frankreich vom Rotstift verschont bleiben. Denn eins gilt als sicher: Um die angepeilten Einsparungspotenziale einer fusionierten Gesellschaft von jährlich fünf Milliarden Euro zu realisieren, dürften auch Stellen wegfallen. Zumindest in Italien stehen Werke auf der Kippe. Vize-Regierungschef Matteo Salvini hat bereits klargemacht, dass die Arbeitsplätze in Italien ebenfalls erhalten bleiben sollen. Sollte dies nicht der Fall sein, wird mit heftigem Widerstand von den kampferprobten Gewerkschaften gerechnet.

Zusagen von Fiat, keine Standorte zu schliessen, halten Analysten für ein Lippenbekenntnis. "Das ist natürlich Marketing-Sprech", sagte Frank Schwope von der NordLB. "Wenn man dann wirklich fusioniert, wird man nach zwei Jahren feststellen, wir haben doch ein Werk zu viel in Italien, oder Frankreich oder in den USA." Es wäre absurd zu glauben, dass angesichts von Überkapazitäten keine Werke geschlossen würden.

Frankreich will zudem erreichen, dass der japanische Autobauer Nissan in den Bund einbezogen wird, mit dem Renault in einer komplexen Allianz steckt. Damit ist der nächste Konflikt vorprogrammiert. Denn Nissan und Renault ringen schon jetzt um das künftige Kräfteverhältnis in ihrer Allianz, zu der auch der japanische Autobauer Mitsubishi gehört. Die Franzosen hatten versucht, Nissan-Chef Hiroto Saikawa aus dem Amt zu drängen, den sie als Hemmschuh für einen engeren Zusammenschluss sehen, waren damit aber gescheitert. Es ist keineswegs sicher, dass sich die auf mehr Eigenständigkeit dringenden Japaner in einer Allianz von Renault und Fiat mit einer untergeordneten Rolle zufrieden geben würden.

Wer steckt dahinter?

Als treibende Kraft hinter der Avance an Renault gilt Fiat-Chairmann John Elkann. Der Spross der bei Fiat den Ton angebenden Familie Agnelli versucht seit längerem, das Engagement in der Automobilindustrie zu verringern. Bei einem Zusammenschluss unter Gleichen, wie ihn die Italiener mit Renault anstreben, würde sich der Anteil der Agnellis auf 14,5 Prozent halbieren. Unterhalb der Schwelle von 15 Prozent würde die Beteiligung nur noch als Finanzinvestition betrachtet und die Familie könnte Anteile verkaufen, ohne grosses Aufsehen zu erregen, zitierte das "Wall Street Journal" Banker aus dem Umfeld der Familie. Aus der Hand geben will Elkann die Kontrolle über das Familiensilber aber nicht. Die geplante Holding soll Insidern zufolge von ihm als Verwaltungsratschef geführt werden.

Wie schnell könnte der Bund kommen?

Sollte der Renault-Verwaltungsrat Anfang kommender Woche grünes Licht geben, müssten sich die Unternehmen zunächst gegenseitig in die Bücher schauen. Auf Grundlage einer Due Diligence würden die Unternehmenswerte festgelegt. Danach beginnen in der Regel weitere Verhandlungen. Vorgesehen ist eine Verschmelzung auf eine gemeinsame Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, an der beide Partner je zur Hälfte beteiligt wären. Streit könnte es wegen der Bewertung des Kerngeschäfts von Renault geben, das Fiat nach Berechnungen von Arndt Ellinghorst vom Investmentberater Evercore ISI praktisch als wertlos einstuft. Wenn man die Beteiligung von 43 Prozent an Nissan herausrechne, impliziere der Vorschlag einen Wert von Renault bei Null, meint der Autoanalyst.

... und wenn keine Einigung gelingt? 

Dann gehen die beiden Unternehmen vorerst weiter getrennte Wege. Möglich ist auch, dass sich Fiat und Renault als Vorstufe für einige Jahre auf eine erweiterte Kooperation einigen. Denn beide Autobauer stehen unter grossem Druck, weil sie alleine zu klein sind, um die hohen Kosten für den Wandel zu Mobilitätsanbietern zu stemmen. Renault hat zwar die Nase vorn bei Elektroautos. Hier hinkt Fiat hinterher. Beide Autobauer decken aber nur Teile des Weltmarktes ab. Fiat ist dank Chrysler vor allem stark in den USA, verbrennt in Europa aber Geld. Die Franzosen sind in Europa und in den Schwellenländern stark vertreten, dagegen in den USA nur über Nissan präsent. Auf dem weltgrössten Pkw-Markt in China haben beide Unternehmen grosse Lücken. "Das sind zwei Fusskranke, die aber gut zusammenpassen", sagt Analyst Schwope. 

(Reuters)