Normalerweise sind G7-Gipfel der grössten westlichen Industriestaaten Treffen der Geschlossenheit und demonstrativen Stärke. Aber wenn sich die sieben Staats- und Regierungschefs und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ab Sonntag in den kanadischen Rocky Mountains treffen, ist das Ziel wegen der Teilnahme von US-Präsident Donald Trump viel bescheidener. «Das Wichtigste ist, dass wir es schaffen, als G7 ein Signal der Einigkeit zu senden», beschreibt ein deutscher Regierungsvertreter die Planungen. Das gilt schon wegen des israelischen Angriffs auf den Iran und einer möglichen Eskalation als dringend nötig - aber nicht als selbstverständlich.

Mit Schrecken erinnern sich Diplomaten an den kanadischen G7-Gipfel im Jahr 2018, als es zwar gelang, ein gemeinsames Abschlussdokument mit Trump zu verabschieden, von dem sich dieser aber distanzierte, als die Teilnehmer auf dem Heimweg waren. In seiner zweiten Amtszeit gilt Trump gerade bei multilateralen Themen als noch unberechenbarer. Der Präsident überzieht die Welt mit Zollkonflikten, wundert sich öffentlich, wieso die G7-Partner Deutschland und Japan anders als Russland weltweites Ansehen geniessen - und hat mehrfach Anspruch auf das Gastgeberland Kanada erhoben.

Beim Thema Israel gehören die USA und Deutschland zu den entschiedensten Verbündeten der Regierung in Jerusalem, während Frankreich, Kanada und Grossbritannien gerade Sanktionen gegen zwei israelische Kabinettsmitglieder verhängt haben. Israels Angriff auf den Iran könnte die Differenzen vertiefen.

Allen öffentlichen Optimismus-Bekenntnissen der Regierungen zum Trotz ist die Stimmung vor dem Gipfel deshalb gespannt. «Wir sind nicht an dem Punkt, wo wir uns eine Formel wie 6 zu 1 zu eigenmachen», betont ein deutscher Regierungsvertreter. Aber allein die Tatsache, dass man dies betonen muss, zeigt die Krise der westlichen Welt. Der kanadische Gastgeber Mark Carney - der Trumps Gebietsansprüche harsch zurückgewiesen hat - verzichtet gleich darauf, eine umfassende gemeinsame Gipfelerklärung anzustreben. Dafür soll es Erklärungen zu Themen geben, bei denen sich die G7 eher einig sein könnten: Künstliche Intelligenz, Versorgungssicherheit mit kritischen Rohstoffen, Waldbrände.

Tatsächlich wird dem Gipfel diesmal nicht nur von der Bundesregierung eher ein «Etappencharakter» zugemessen - dessen Erfolg schon daran liegen dürfte, dass es keinen Eklat gibt. Schon wenige Tage später wird man auf dem Nato-Gipfel erneut mit Trump zusammentreffen - und dort soll der US-Präsident angesichts eines immer aggressiver auftretenden Russlands zumindest den Status quo der westlichen Welt bekräftigen: dass die Supermacht USA zur Nato und dem Beistandsversprechen nach Artikel 5 steht.

Kein Druck bei Zöllen oder Ukraine

Deshalb wird es im kanadischen Kananaskis keinen Druck geben, Durchbrüche im Zollstreit oder beim Thema Ukraine zu erreichen. Immerhin hat Gastgeber Carney den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eingeladen - auch als Zeichen, dass die anderen Regierungen die von Trump immer wieder betonte Abgrenzung sowohl zu Kiew als auch zu Moskau nicht teilen. Ansonsten will man - wie zuvor Kanzler Friedrich Merz in Washington - beim US-Präsidenten erneut dafür werben, dass die USA beim Thema Sanktionen den Druck auf Russland erhöht, das die Ukraine weiter täglich angreift. Bei der militärischen Unterstützung der USA machen sich die Europäer dagegen wenig Illusionen. «Wenn wir da den Status quo halten, dass die Amerikaner bestimmte sehr wesentliche Leistungen an die Ukraine fortsetzen, sind wir gut», sagt ein deutscher Regierungsvertreter.

Ansonsten wird es der Gipfel der indirekten Botschaften: Carney plant eine gemeinsame Resolution zu Waldbränden, die zum Problem für Kanada und die USA geworden sind. Damit liesse sich das von Trump ungeliebte Thema Klimaschutz aus aktuellem Anlass auf die G7-Agenda setzen: Denn die kanadischen Behörden warnen, dass es wegen anhaltender Brände auch Rauchwarnungen für den Gipfelort geben könnte.

(Reuters)