«Wir haben eine grossartige Zukunft als börsenkotiertes Unternehmen vor uns», sagte Galderma-CEO Flemming Ørnskov, als der Dermatologiespezialist im Frühjahr 2024 an die Börse ging. Seiner Zuversicht sind fassbare Ergebnisse gefolgt.
2024 wuchs der Umsatz um 9,3 Prozent, und auch der Gewinn sowie die Gewinnmarge wurden verbessert. Die Zahlen zum ersten Quartal 2025 weisen weiteres Wachstum aus. Zudem bestätigte das Management den Ausblick für das Gesamtjahr, es erwartet ein 10- bis 12-prozentiges Umsatzwachstum und eine Marge von «ungefähr» 23 Prozent (2024: 23,4 Prozent).
Der Aktienkurs spiegelt die positive Geschäftsentwicklung. Die Aktie wurde zum Preis von 61 Franken ausgegeben. Inzwischen hat er sich auf rund 120 Franken erhöht und damit so gut wie verdoppelt. Gemessen am Konsens der von Bloomberg erfassten Analysten ist kaum Luft nach oben mehr. Mehrere Experten trauen den Valoren den Sprung auf 130 Franken und darüber hinaus aber zu.
Das Unternehmen befinde sich in einer neuen Wachstumsphase, angetrieben durch zwei bedeutende Produkteinführungen, steigende Gewinnmargen sowie eine starke Umsetzung, kommentierte etwa die zuständige Analystin von Kepler Cheuvreux, als sie im Juni die Abdeckung für Galderma mit einer Kaufempfehlung und einem Preisziel von 137 Franken aufnahm. Es ist das höchste unter allen bei Bloomberg verzeichneten Kurszielen und deutet den Anstieg auf ein Rekordhoch an.
Angesichts des Erfolgs kommt die Frage auf, ob Galderma ein Kandidat für die Übernahme durch ein anderes Unternehmen ist, das sich strategisch verstärken will - was also spricht dafür und was dagegen?
Galderma ist auf dem Feld der injizierbaren Ästhetik stark
Für eine Übernahme sprechen laut den von cash.ch befragten Experten vor allem die starke Stellung von Galderma im Feld injizierbaren Ästhetik sowie Synergiepotenziale.
Injizierbaren Ästhetik (IA) ist eines der drei Marksegmenten, welche das Unternehmen aus Zug bearbeitet - neben dermatologischer Hautpflege und therapeutischer Dermatologie. Beispiele zeigen, worum es dabei geht. Relfydess, einer der Wirkstoffe, kann gespritzt werden, um Zornesfalten und Krähenfüsse zu glätten. Ein anderes Mittel, Sculptra, hilft gegen Volumenverlust und Hauterschlaffung.
Es handelt sich um einen Bereich, der gemessen an der Umsatzentwicklung ergiebig und wichtig für Galderma ist. Im ersten Quartal 2025 legten die Verkäufe der IA um 9,9 Prozent zu und trugen 547 Millionen US-Dollar zum Umsatz von total 1,13 Milliarden US-Dollar bei. Das passte ins Bild, das sich im Gesamtjahr 2024 gezeigt hatte. Da wuchs der Umsatz der IA um 9,6 Prozent und steuerte 2,3 Milliarden Dollar zum Gesamtumsatz von 4,4 Milliarden Dollar bei. Laut Angaben des Managements gewinnt Galderma laufend Anteile am Markt für injizierbare Ästhetik.
«Galderma ist weltweit führend im Bereich ästhetischer Injektionen – eine der wachstumsstärksten und margenstärksten Kategorien in der gesamten Beauty- und Selbstpflegebranche», sagt Thierry Borgeat, Finanzanalyst und Mitgründer des Finanzdienstleisters Arvy. «Eine Übernahme würde es einem Käufer erlauben, sofort Zugang zu einem etablierten Netzwerk von Dermatologen, Kliniken und Apotheken zu erhalten.»
Ein neues Mutterhaus dürfte von Synergien profitieren. Galderma biete aufgrund seiner drei Geschäftsbereiche «viele mögliche Synergieeffekte und Anschlussfähigkeit» und könne somit für unterschiedliche Käufer interessant sein, sagt Oleg Isakov, Experte der Unternehmensberatung Kearney.
Ein Auge auf den Schweizer Dermatologiespezialisten könnten beispielsweise Kosmetikunternehmen werfen - «da das Geschäft der medizinischen Ästhetik zunehmend mit dem traditionellen Kosmetikgeschäft konkurriert», wie Isakov erklärt. Analoges gilt für Pharmakonzerne, sofern sie sich etwa in der therapeutischen Dermatologie verstärken wollen. Eines der Mittel von Galderma in diesem Bereich ist Nemluvio, das im Laufe des letzten Jahres eingeführt wurde und gegen die Hauterkrankungen atopische Dermatitis und Prurigo nodularis eingesetzt wird. 2024 erzielte es schon einen Umsatz von 23 Millionen Dollar. Das war mehr als Analysten erwartet hatten und insofern nicht repräsentativ, als die vollständige Markteinführung und der Verkaufshochlauf noch aussteht. Das Management schätzt den künftigen Spitzenumsatz auf 2 Milliarden Dollar.
Jüngst haben Grossinvestoren wie EQT Aktienpakete von Galderma veräussert. EQT habe zudem signalisiert, dass man mittelfristig vollständig aussteigen möchte, führt Borgeat aus. «Solche Situationen eröffnen erfahrungsgemäss Gelegenheitsfenster für strategische Käufer – insbesondere, wenn ein bedeutender Block ausserbörslich übernommen werden kann.»
L'Oréal als mögliches Mutterhaus
Zum Kreis potenzieller Galderma-Käufer zählt L'Oréal. Der französische Kosmetikkonzern ist bereits zu 10 Prozent an der Hauptpflegespezialistin beteiligt. Er werde «am Markt derzeit als Top-Favorit für ein vollständiges Übernahmeangebot gehandelt», sagt Martin Raab von Global Green Xchange. Wie er ausführt, wäre die Übernahme für den französischen Käufer ein «erstklassiges Upgrade».
L'Oréal sah sich, als die 10-Prozent-Beteiligung an Galderma mitgeteilt wurde, als weltweit führendes Unternehmen im Schönheitsbereich; man investiere aber zunehmend in einen ganzheitlichen Ansatz, hiess es. Durch die Partnerschaft mit Galderma werde es möglich, den schnell wachsenden Markt für Ästhetik zu erkunden. Zugleich grenzte sich das Management von L'Oréal gegen eine Vollintegration von Galderma ab: Man respektiere dessen Unabhängigkeit und sei zufrieden mit der Minderheitsbeteiligung.
Immerhin: Eine vollständige Akquisition von Galderma durch L'Oréal wäre nicht ohne Ironie, wie Martin Raab bemerkt. Nestlé - die ehemalige Mutter des SPI-Unternehmens - besitzt 20 Prozent des französischen Kosmetikkonzern und würde indirekt wiederum stärker an Galderma beteiligt.
Die von cash.ch befragten Experten nennen weitere mögliche Käufer, etwa die US-Pharma- und Konsumgüterherstellerin Johnson & Johnson: «Dermatologie aus dem Hause Galderma würde deren Angebot gut ergänzen», sagt Raab. Finanzanalyst Borgeat nennt AbbVie, Sanofi und Pfizer als Beispiele für pharmazeutische Unternehmen, den Dermatologiespezialisten als Zugang zum Selbstzahler- und Ästhetikmarkt sehen könnten. «Allerdings ist Galderma nicht rein pharmaorientiert – und würde in solchen Konzernen Gefahr laufen, intern Priorität zu verlieren.»
Galderma ist kein Schnäppchen
Es gibt Gründe, die eine Akquisition unwahrscheinlich machen. «Gegen die Übernahme spricht insbesondere die hohe Unternehmensbewertung, die eine Übernahme sehr kostenintensiv macht», sagt Isakov von Kearney. Mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 52 ist der Dermatologiespezialist vergleichsweise teuer und keineswegs ein Schnäppchen. Die Hürden für mögliche Käufer sind also hoch.
Zudem kann eine Integration von Galderma für manche Unternehmen komplex sein. «Insbesondere wenn ein nicht-pharmazeutischer Konzern - zum Beispiel aus dem Konsumgüterbereich - einsteigt, sind regulatorische Due-Diligence-Fragen heikel», sagt Borgeat.
Nicht zu vergessen: Das in Zug ansässige Unternehmen ging erst vor etwas mehr als einem Jahr an die Börse. Seine Eigentümerstruktur hat sich seither immer wieder verändert und wohl noch nicht konsolidiert. Käufer dürften daher zuwarten.