Durchschnittlich zahlten die privaten Haushalte 9,34 Cent je Kilowattstunde Erdgas, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Das waren 36,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Gemessen an der ersten Jahreshälfte 2022 lag der Aufschlag bei 16,2 Prozent. "Hierbei ist die Soforthilfe im Dezember 2022, eine der Massnahmen aus dem dritten Entlastungspaket der Bundesregierung, mitberücksichtigt", betonten die Statistiker.

Nicht-Haushaltskunden wie etwa Unternehmen oder Behörden zahlten für Erdgas ohne Mehrwertsteuer und andere abzugsfähige Steuern durchschnittlich 8,06 Cent je Kilowattstunde. Das waren 74,1 Prozent mehr als im zweiten Halbjahr 2021 und 24,6 Prozent mehr als in der ersten Jahreshälfte 2022. Dabei mussten Nicht-Haushaltskunden mit einem geringen Jahresverbrauch von unter 1000 Gigajoule 7,36 Cent je Kilowattstunde zahlen, Kunden mit einem Verbrauch von mehr als vier Millionen Gigajoule zahlten mit 11,33 Cent je Kilowattstunde deutlich mehr. "Das belastet die internationale Wettbewerbsfähigkeit insbesondere mit Konkurrenten in Ländern mit billigerer Energie", sagte der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien.

Ähnlich sieht die Entwicklung beim Strompreis aus. Strom kostete die Verbraucher 34,96 Cent je Kilowattstunde. Die Preise lagen damit um 6,4 Prozent höher als in der zweiten Jahreshälfte 2021 und 4,4 Prozent höher als in der ersten Hälfte 2022. Für Strom zahlten Nicht-Haushaltskunden durchschnittlich 20,74 Cent je Kilowattstunde ohne Mehrwertsteuer und andere abzugsfähige Steuern. Damit war 24,6 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und 4,4 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten 2022. "In den kommenden Monaten dürfte deshalb die Debatte um einen verbilligten Industriestrom in Deutschland noch einmal an Fahrt gewinnen", sagte Dullien.

"Diese Preisanstiege sind entscheidend für die derzeit beobachtete hohe Inflation in Deutschland und dem Euroraum verantwortlich", sagte Dullien. Die hohen Energiekosten hätten einmal direkt die Verbraucherpreise erhöht, weil Haushaltsenergie im Warenkorb ein grosses Gewicht habe. "Zum anderen schlagen sich die Energiepreise indirekt in den Verbraucherpreisen nieder, weil energieintensive Produkte wie etwa Brot oder Gemüse aus dem Gewächshaus teurer werden, wenn die Hersteller ihre gestiegenen Energiekosten in höheren Preisen weitergeben."

Trotz bereits wieder fallender Grosshandelspreise für Strom und Gas dürften die Endverbraucherpreise auch im laufenden ersten Halbjahr 2023 noch hoch bleiben und könnten insbesondere beim Gas sogar noch steigen. Preisveränderungen im Grosshandel schlügen nur mit Verzögerung in den Preisen für die Privathaushalte nieder, weil Verträge üblicherweise dort längere Laufzeiten haben, sagte Dullien. Die Gaspreisbremse dämpfe hier nur etwas, weil sie erst bei Preisen von mehr als zwölf Cent pro Kilowattstunde greife.

(Reuters)